Lademanagement und mehr voll im Griff.
Ein Beitrag aus OEM&Lieferant, Ausgabe II/2020 Von Heiko Sutter, Senior Program Manager im Bereich Test und Validierung bei der ETAS GmbH.
Die Vehicle Control Unit (VCU) wird insbesondere in elektrifizierten Fahrzeugen eine zentrale Rolle einnehmen. Mit ihrer Leistungsfähigkeit ist sie ausgerichtet auf komplexe Aufgaben wie beispielsweise die Koordination aller Komponenten des Antriebsstrangs inklusive des Lademanagements. Zusätzlich übernimmt sie rechenintensive und domänenübergreifende Aufgaben. Damit stellt die VCU erhebliche Anforderungen an die Testumgebung – die idealerweise durchgängig auf Virtualisierung ausgerichtet ist.
Moderne Domänen-Steuergerate übertreffen mit ihrer technischen Komplexität bisherige Steuergeräte erheblich. Dadurch wachsen in der Steuergeräte-Entwicklung auch die Testumfänge und es herrscht großer Zeitdruck dabei, neue Fahrzeuge auf den Markt zu bringen. Vor diesem Hintergrund nähern sich rein hardwaregestützte Systeme für das Testen, Kalibrieren und Validieren ihren Grenzen. Die Zukunft liegt in virtuellen Systemen.
Die VCU übernimmt als Zentraleinheit die Steuerung und Koordination einer Vielzahl von Komponenten des Antriebsstrangs. Ebenfalls berücksichtigt sind eine Cloud-Anbindung sowie – bei hochautomatisierten Fahrzeugen – „fail-operational“-Funktionen für den sicheren Fahrzeugbetrieb im Notfall. Außerdem unterstützt die VCU in höheren Ausbaustufen mit ihrer Leistungsfähigkeit vermehrt auch rechenintensive und domänenübergreifende Funktionen wie beispielsweise die Anbindung an „Advanced Driver Assistance Systems“ (ADAS). Ein zentrales Merkmal der VCU ist die Ladeschnittstelle, denn
zunehmend kommen Fahrzeuge mit batterieelektrischem Antrieb auf den Markt, als singulärer Antrieb oder als Zusatzantrieb bei einem Plug-in-Hybridfahrzeug. Die Beherrschung des Lademanagements als Voraussetzung für einen zuverlässig funktionierenden Elektroantrieb gehört somit heute zu den wichtigsten Entwicklungsaufgaben.
Zum Testen der VCU-Ladeschnittstelle kann beispielsweise das Hardware-in-the-Loop-(HiL-)System ETAS LABCAR verwendet werden. Es bietet sämtliche Kommunikationsschnittstellen für ein schnelles, effizientes Modifizieren aller VCU-Schnittstellen. Beim Anwendungsfall Lademanagement gehören
beispielsweise Autorisierung (Authentification), Abwicklung des Ladevorgangs (Übermitteln technischer Kennwerte wie Ladeleistung, -parameter, -effizienz und -plan) bis hin zum Payment (Übermitteln der Abrechnungsdaten) dazu. Modelle für die gängigen Ladestandards (CCS, CHAdeMO, GB/T) sind eingebunden, um die Lademöglichkeit für die gängigen Fahrzeuge am Markt zu simulieren. Aus Sicht des Fahrzeugs verhält sich das Testsystem somit exakt wie die reale Lade-Infrastruktur (Vehicle to Grid).
Um die zukünftig aber immer umfangreicheren und komplexeren Test- und Validierungsaufgaben weiter beherrschen und effizient erfüllen zu können, ist eine Erweiterung der HiL-Tests in Richtung virtueller Lösungen notwendig.
ETAS-Testsysteme sind für diese Erweiterung vorbereitet und der Schritt in die zunehmende Virtualisierung ist nahtlos möglich. Denn von LABCAR können alle Tests nahtlos in eine
SiL- oder MiL-Umgebung (Software-in-the-Loop bzw. Model-in-the-Loop) überführt werden, um sie dort vollständig im lokalen Rechner oder in der Cloud vorzunehmen. So lassen sich dann Tests beispielsweise schneller und früher im Entwicklungsprozess durchführen. Über die skalierbare Rechenleistung des Cloud-Computing kann die Leistungsfähigkeit des Testsystems genau passend zu den Anforderungen flexibel skaliert werden. Die Entwicklung der VCU kann durch den Einsatz der Virtualisierung also deutlich effizienter gestaltet werden. Der Systemtest allein basierend auf HiL-Systemen ist nicht zielführend. Eine dazu passende und auf die Zukunft ausgerichtete, offene
Simulationsplattform ist ETAS COSYM. Sie ist konzipiert für das effiziente Lösen von Test- und Validierungsaufgaben vernetzter, eingebetteter Systeme sowohl in einer HiL-Umgebung als auch alternativ in einer SiL- oder MiL-Umgebung. COSYM ermöglicht also durchgängige XiL-Tests – mit dieser Abkürzung fassen Experten alle drei Varianten zusammen. Cloud-Funktionalität wird ebenfalls unterstützt.
Fazit
Die Testsysteme von ETAS sind zukunftssicher ausgelegt und verbinden die Kompetenz für HiL-Tests mit der zunehmenden Virtualisierung: Das Testen, Validieren und Kalibrieren lässt sich nahtlos von einer hardwaregestützten Umgebung in ein rein virtuelles Arbeiten auf dem Rechner überführen – und umgekehrt. Damit erfüllen sie eine Schlüsselfunktion, um selbst komplexe Steuergeräte wie die Vehicle Control Unit (VCU) inklusive ihrer Ladeschnittstelle effizient entwickeln zu können.