Anmerkungen zur automobilen Antriebsart der Zukunft.

Von Armin Gehl, Geschäftsführer der autoregion e.V. Saarbrücken.

Eines steht außer Frage – weitermachen wie bisher im Verkehrsmarkt ist keine Alternative. Dass sich etwas tun muss, ist unumstritten. Autoabgase stehen für rund 30 Prozent aller CO2 Emissionen in der EU. 72 Prozent davon entfallen auf den PKW- und LKW-Verkehr. Trotz immer effizienterer Motoren stellt sich keine wirkliche Verbesserung ein. Die Autos wurden gleichzeitig immer schwerer und die Verkehrsleistung stieg insgesamt deutlich an. Die technologische Effizienzsteigerung verpufft im wahrsten Sinne des Wortes. Und die EU hat sich zum Ziel gesetzt, die Verkehrsemissionen um 60 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken.

Über den richtigen Weg aus diesem Dilemma herrscht Uneinigkeit – oft zwischen Politikern und Fachleuten. Leider ist die Diskussion nicht immer von naturwissenschaftlicher Sachlichkeit geprägt. Selbsternannte Gralshüter des Naturschutzes treiben Politik und Kommunen mit Gerichtsentscheidungen zu Fahrverboten vor sich her. Wirtschaftliche Unternehmensinteressen oder politische Befindlichkeiten verstellen allzu oft den Blick auf pragmatische und zielführende Lösungen. Das Ergebnis ist: die Kunden sind irritiert und reagieren mit Kaufzurückhaltung.

Beispiel „Diesel“: Der Anteil an Dieselfahrzeugen bei den Neuzulassungen ging von  gut 50 Prozent im Jahr 2015 auf nur noch rund 30 Prozent im Oktober 2019 zurück. Leider ist der Vorwurf, die Automobilindustrie habe durch den Dieselskandal den Imageverlust des Dieselmotors weitgehend selbst verursacht, nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Unter Fachleuten besteht jedoch Einigkeit, dass der Dieselmotor auf dem Weg zum Erreichen der Klimaziele ein unverzichtbares Element darstellt.

Wegen der effizienteren Verbrennung aufgrund der Selbstzündungssystematik ist der Diesel im Vergleich zum Benziner trotz eines höheren Kohlestoffanteils beim CO2-Ausstoss um zirka 15 Prozent im Vorteil. Ein weiterer Vorteil des Diesel besteht in den deutlich gesunkenen Feinstaub-Emissionen moderner Dieselmotoren der Klasse Euro-6. Neuste Untersuchungen ergaben, dass die Abgase eines moderneren Dieselmotors sauberer sind als die für die Verbrennung eingesogene Umweltluft. Nicht zu leugnen ist jedoch die Tatsache steigender Stickoxid-Belastung infolge verbesserter Verbrennungswerte. Euro-6 Motoren begegnen diesem Phänomen mit der aktiven DeNOx-Abgasnachbehandlung.

Folgt man den Signalen aus der Politik, scheint der Elektroantrieb der Königsweg zum Erreichen der Klimaziele zu sein. Alle namhaften Hersteller führen zwischenzeitlich E-Modelle in ihrem Produktportfolio oder entwickeln ganze Produktbaureichen mit elektrisch angetriebenen Fahrzeugen. Betrachtet man die Zulassungsstatistik, scheint sich der reine Elektroantrieb nach und nach durchzusetzen. Seit 2015 hat sich die Zahl der Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen fast verdreifacht und wird 2019 mit über 53 000 Einheiten einen neuen Rekordwert erreichen. Damit liegt der Marktanteil von Elektro-Fahrzeugen bei 2,6 Prozent in Deutschland, aber immer noch ein gutes Stück hinter den Niederlanden mit 9 Prozent oder China mit 4,7 Prozent Marktanteil. Den absoluten Spitzenplatz hält im internationalen Vergleich nach wie vor Norwegen mit einem Marktanteil von 61 Prozent. Das Beispiel Norwegen zeigt jedoch die Fragwürdigkeit solcher Vergleiche. Der hohe Marktanteil ist dort auf  umfangreiche staatliche Fördermaßnahmen der E-Mobilität zurückzuführen, die im Wesentlichen aus dem Verkauf von Erdöl und Erdgas finanziert wurden, das dann an anderer Stelle in Europa den Durst klassischer Verbrennungsmotoren stillt.

Einige Hersteller – u.a. VW – haben ihre Produktstrategie voll und ganz auf den batterieelektrischen Antrieb ausgerichtet. VW beabsichtigt bis 2028 weltweit 22 Millionen batterieelektrisch angetriebene Fahrzeuge zu verkaufen. Andere Hersteller bekennen sich zu einer größeren Technologieoffenheit und entwickeln auch batterieunabhängige Elektroantriebe.

Im Vordergrund dieses Trends stehen Antriebe, die mit Wasserstoff-Brennstoffzellen arbeiten. Die Brennstoffzellentechnologie ist nicht neu. Seit Mitte der 90er Jahre wird intensiv daran geforscht und sie galt lange Zeit als die Antriebsalternative zum klassischen Verbrennungsmotor. Ihr wesentlicher Vorteil besteht darin, dass der Antrieb absolut emissionsfrei erfolgt. Dem Auspuff entweicht lediglich Wasserdampf. Auch bei Reichweite und Dauer des Tankvorgangs hat die Brennstoffzelle im Vergleich zum batterieelektrischen Antrieb die Nase vorn.

Ein weiterer Aspekt ist insbesondere für die Beschäftigten in der Automobil- und Zulieferindustrie von Bedeutung, da die Produktion der Brennstoffzellentechnologie in vielerlei Hinsicht strukturell und unter Fertigungsgesichtspunkten der des Verbrennungsmotors gleicht. Die Brennstoffzelle benötigt deutlich mehr metallische Bauteile als ein Batterieelektrischer Antrieb. Die vor allem in der Zulieferindustrie bestehende Wertschöpfung könnte branchenintern umgewidmet und damit zumindest teilweise gesichert werden.

Dass die Brennstoffzellentechnologie ohne Batterie auskommt, ist ein ganz wesentlicher Aspekt für den Betrieb von Nutzfahrzeugen. Die nach wie vor für große Reichweiten sehr schweren Batterien reduzieren die für den wirtschaftlichen Betrieb erforderliche Nutzlast. Die langen Ladezeiten der Akkus verringern die Einsatzzeiten und stellen den ökonomisch sinnvollen Einsatz in Frage. Dies spricht sehr dafür, dass der Energieträger Wasserstoff vor allem im Langstrecken-  und Schwerlastverkehr der Zukunft unverzichtbar sein wird.

Dem hat zwischenzeitlich auch die Bundesregierung Rechnung getragen. So gilt die Kaufprämie in Höhe von 6.000.- € ausdrücklich auch für PKW mit Brennstoffzellenantrieb. In Planung befindet sich ein Anreizprogramm für Nutzfahrzeuge. Auch dabei wird die Bundesregierung um die Förderung der Wasserstofftechnologie nicht umhin kommen. Auch der Einsatz von synthetischen Kraftstoffen müsste von der Politik ins Kalkül gezogen werden, denn dann hätten wir eine sofortige Reduzierung von CO2 zu verzeichnen und die Technologie des Verbrenners würde nicht in Frage gestellt.

Will die deutsche Automobilindustrie ihre internationale Spitzenstellung behaupten, muss sie sich zur Technologieoffenheit in Bezug auf  die Entwicklung nicht-fossiler Antriebsarten bekennen. Dies zeigt ein Blick auf die wesentlichen Absatzmärkte. Der weltweit größte Markt China hat sich aufgrund staatlicher Regulierung wohl auf die batterieelektrische Mobilität festgelegt. Auch der nordamerikanische Markt scheint in diese Richtung zu tendieren. Angesichts ihrer Rohstoffarmut denken Länder wie Japan und Südkorea deutlich technologieoffener und setzen auf batterie unabhängige Antriebsarten wie die Wasserstofftechnologie. Um weltweit alle Märkte bedienen zu können, braucht die deutsche Automobilindustrie differenzierte Produkte in allen Antriebsarten. Nur so werden wir unsere Export- und damit auch unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit erhalten können.

 

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