Unternehmen & Trends 2/2023

6 Bild: © IOSB Dr. Olaf Sauer „Manufacturing-X“ – zur Zukunft der Fabrikausrüster-Branche Dr. Olaf Sauer, Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung, Karlsruhe, im Gespräch mit Dr. Rudolf Müller, Unternehmen & Trends Das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB ist eine Einrichtung der FraunhoferGesellschaft mit Sitz in Karlsruhe und weiteren Standorten. Der Forschungsschwerpunkt des Instituts liegt auf dem Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnik bei industriellen Anwendungen. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz unter dem Label „Manufacturing-X“ geplante Förderprogramm für die deutsche produzierende Industrie sowie neue gesetzliche Rahmenbedingungen auf EU-Ebene waren der Auslöser für Ihre Studie zur Situation der deutschen Fabrikausrüster-Branche. Warum haben Sie gerade diese Branche ausgewählt und was ist die generelle Zielrichtung Ihrer Studie? Olaf Sauer: Die industrielle Produktion von Waren und Gütern ist Rückgrat unserer Volkswirtschaft. Allein in Deutschland waren Ende 2021 knapp 7,6 Millionen Menschen unmittelbar in den Betrieben des verarbeitenden Gewerbes und der ausrüstenden Industrie mit 50 und mehr Beschäftigten tätig. Direkt und indirekt hängen sogar 15 Millionen der knapp 45 Millionen Arbeitsplätze in der Bundesrepublik von der produzierenden Wirtschaft ab. Die Produktionsstätten des gesamten produzierenden Gewerbes mit seinen verschiedenen Branchen werden durch Unternehmen geplant, gebaut und ausgerüstet, die wir in der Studie als Fabrikausrüster bezeichnen. Die Branche der Fabrikausrüster besteht wiederum aus den Teilbranchen des Maschinen- und Anlagenbaus, Komponentenanbietern, Systemintegratoren sowie Automatisierungs- und Softwareanbietern. Welche Grundstrukturen kennzeichnen die Fabrikausrüster-Branche? Olaf Sauer: Um ein möglichst greifbares Gesamtbild der Branche der Fabrikausrüster zeichnen zu können, wurden als Grundlage drei Kennzahlen herangezogen und zwar Beschäftigte, Betriebe und Umsatz. Die Branche der Fabrikausrüster erwirtschaftete 2021 einen Umsatz von 313 Mrd. Euro. Über 50 Prozent des Branchenumsatzes wird dabei vom Maschinenbau und damit verbundenen Komponentenherstellern umgesetzt. Die Elektroindustrie erwirtschaftete lediglich 15 Prozent des Gesamtumsatzes. Auch bei der Anzahl der Beschäftigten liegen der Maschinenbau und die Komponentenhersteller vorne. Zusammen beschäftigen diese knapp die Hälfte der insgesamt 1,6 Mio. Beschäftigten in der Fabrikausrüsterbranche. Bei genauer Betrachtung der Zusammensetzung der Teilbranchen Maschinenbau und Komponentenhersteller fällt auf, dass 90 Prozent der aktiven Betriebe nicht mehr als 249 Mitarbeitende hat. Die Fabrikausrüsterbranche ist also hochgradig mittelständisch geprägt. Wo steht die deutsche FabrikausrüsterBranche im internationalen Vergleich? Olaf Sauer: Leider ist die u.a. dafür maßgebliche Innovatorenquote in Deutschland seit Jahren langsam abnehmend. In China lagen die Investitionen in den maßgeblichen Branchen beim Doppelten des vergleichbaren deutschen Spitzenwertes. In den USA lagen die Investitionen für Forschung und Entwicklung in 2012 auf einem ähnlichen Niveau wie in Deutschland, stiegen aber seither kontinuierlich an. Um im globalen Wettbewerb mithalten zu können, ist es für die deutschen Ausrüster elementar, weiterhin mit hoher Initiative Innovationen zu generieren, mit denen sie anschließend nennenswerten Umsatz erzielen. Das Narrativ „Deutschland verschläft die Digitalisierung“ wird in Presse und Öffentlichkeit gerne kolportiert. Trifft die Aussage auch auf die Fabrikausrüster-Branche zu? Olaf Sauer: Leider trifft diese Aussage tatsächlich teilweise zu. Dies liegt nicht an einer nicht hinreichenden digitalen Infrastruktur. Alle dazu erhobenen Indizes belegen, dass Deutschland über eine gut ausgebaute und international wettbewerbsfähige digitale Infrastruktur verfügt. Dass die Optionen dieser Infrastruktur von den Betrieben nur schleppend umgesetzt werden, wirkt sich besonders deutlich auf Arbeitskosten und Produktivitätszahlen aus und führt zu einem wesentlichen Standortnachteil im internatio-

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