Unternehmen & Trends 1/2023

3 Elisabeth Klock Editorial Liebe Leserinnen und Leser, der Industriestandort Deutschland ist ins Gerede gekommen. Vorbei scheinen die Zeiten, in denen das Ausland neidvoll auf Deutschland blickte und es in vielem als vorbildhaft betrachtete. Und in der Tat – Anlässe an der Standortqualität unseres Landes zu zweifeln, gibt es zur Genüge. Erstaunt blickt man auf den Zustand der Infrastruktur und stellt sich die Frage: Was ist in all den letzten Jahren nur geschehen, dass wir uns in einer solch maroden Situation zu befinden scheinen? Eine Deutsche Bahn, nach der man in vergangenen Zeiten seine Uhr stellen konnte, hat sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr ihre Kernkompetenz Pünktlichkeit wohl völlig aus den Augen verloren. Unsere Verkehrsinfrastruktur, sei dies Schiene oder Straße, bedarf dringender Überarbeitung. Der bauliche Zustand unserer Schulen ist so beklagenswert, dass die Länder ohne Unterstützung des Bundes sich allein nicht in der Lage sehen, zeitnah Abhilfe zu schaffen. Den Zustand der Bundeswehr mit mangelnder Handlungs- und Funktionsfähigkeit führt uns die aktuelle politische Krise schmerzhaft vor Augen. Unternehmen klagen über zunehmende bürokratische Regelungsdichte und ein Missverhältnis von Steuerlast und staatlichen Leistungen. Im Vergleich mit anderen Ländern tun wir uns außerordentlich schwer, den öffentlichen Sektor zu digitalisieren. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass in den vergangenen Jahren mit fortgesetzter Haushaltskonsolidierung und Zurückhaltung bei öffentlichen Investitionen zumindest teilweise falsche politische Prioritäten gesetzt wurden, worunter Dynamik und Agilität unseres Gemeinwesens in vielen gesellschaftlichen Bereichen gelitten haben. Befeuert durch die Pandemie und die aktuelle Wirtschaftskrise treten diese strukturellen Nachteile besonders deutlich hervor. Die Politik ist in besonderem Maß gefordert, den Hebel an den richtigen Stellen anzusetzen und einen Prozess des maßvollen Umsteuerns einzuleiten. Aber Krisen bieten bekanntermaßen auch Chancen zur Veränderung und Verbesserung. Erschwert wird der Prozess struktureller Veränderungen allerdings durch die Tatsache, dass die derzeitigen wirtschaftlichen Aussichten für das laufende Jahr für die Mehrzahl der Industriebranchen eher negativ ausfallen. Trotz der Tatsache, dass die Bundesregierung sowohl Unternehmen als auch Verbraucher mit der Gas- und Strompreisbremse deutlich entlastet hat, geht das Institut der deutschen Wirtschaft davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt real um ¾ Prozent schrumpfen wird. Erst im dritten Quartal 2023 könne wieder mit einem Aufwärtstrend gerechnet werden. Mittel- und langfristig wird sich die hohe Robustheit des Arbeitsmarktes auswirken, der durch die Rezession kaum betroffen ist und insoweit auch ein wesentlicher Stabilitätsanker für die Standortqualität Deutschlands darstellt. Die hohe Eigenkapitalquoten der Unternehmen sowie die gute finanzielle Situation des Privatsektors und der öffentlichen Haushalte sind wichtige Rahmenbedingungen, die es den Unternehmen erlauben, die notwendigen Investitionen in den strukturellen Wandel zu tätigen und auch mit einem angemessenen Risiko zu finanzieren. Und es gibt genügend Beispiele, die für die Zukunft unseres Industriestandortes durchaus hoffnungsvoll stimmen. Die Fertigungsanlagen von Tesla im brandenburgischen Grünheide wurden nach einem beispiellos kurzen Planungszeitraum errichtet. Ähnliches plant Intel in Magdeburg für den Bau seiner Chip-Fabrik. Und der US-amerikanische Halbleiterhersteller Wolfspeed hat zusammen mit dem Automobilzulieferer ZF kürzlich den Bau einer Halbleiter-Fertigung im saarländischen Ensdorf angekündigt. Und last but not least hat der Bau des ersten deutschen Flüssiggasterminals in Wilhelmshafen gezeigt, wie schnell Genehmigungsverfahren in Deutschland ablaufen können. All dies zeigt, dass es deutlich zu früh ist, den Industriestandort Deutschland abzuschreiben. Es kommt jetzt in der Krise darauf an, entschlossen zu handeln und die Vorzüge, die Deutschland nach wie vor zu bieten hat, weiter zu entwickeln und in den Vordergrund zu stellen. Eine gute Gelegenheit dazu ist die im April stattfindende Hannover Messe, die unter den Schlagworten „Innovation.Inspiration.Interaktion“ ein wichtiger Impulsgeber für die Wirtschaft sein wird und der deutschen Industrie die Chance bietet, auf einem internationalen Forum ihre Lösungen für die industriellen Herausforderungen in Zeiten von Lieferkettenproblemen und Energieknappheit zu präsentieren. Diese Ausgabe von Unternehmen & Trends erscheint wieder als reine Digitalausgabe und eröffnet unseren Leserinnen und Lesern die Möglichkeit über Verlinkungen, Interaktionen und die Vernetzung zu Webinhalten und Sozialen Medien deutlich mehr Hintergrundinformationen zu erhalten als dies in reinen Printausgaben möglich ist. Wir danken allen Autorinnen und Autoren sowie Anzeigenkundinnen und –kunden für die hervorragende Zusammenarbeit und wir laden Sie herzlich ein, in der nächsten Ausgabe, die voraussichtlich im Herbst 2023 erscheinen wird, mit Beiträgen und Anzeigen dabei zu sein. Ihre Redaktion Elisabeth Klock und Dr. Rudolf Müller www.vek-onlineservice.de Dr. Rudolf Müller

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