OEM&Lieferant 2/2023

20 Interview Führen in digitalen Strukturen – die neue Herausforderung Dr. habil. Martina Fohr von Spencer Stuart, Frankfurt, im Gespräch mit Dr. Rudolf Müller, OEM&Lieferant Home- Office, Job-Sharing, Teilzeitarbeit – in der Vergangenheit Randphänomene des Arbeitslebens sind durch die Optionen der Digitalisierung und einen gesellschaftlichen Wertewandel zu zentralen Strukturelementen der Arbeitsgestaltung geworden. Früher die Regel ist physische Präsenz am Arbeitsplatz in den Bürobereichen fast schon zur Ausnahme geworden und stellt Führungskräfte vor neue, bisher unbekannte Probleme. Dr. Martina Fohr, die bei der internationalen Personalberatung Spencer Stuart die Bereiche Transport, Logistik und Supply Chain betreut im Gespräch mit Dr. Rudolf Müller. Spencer Stuart ist eines der global führenden Unternehmen in der Leadership- und Executive-Search-Beratung mit 57 Büros in 30 Ländern weltweit. Die Pandemie und ihre Folgewirkungen auf Aspekte globaler Arbeitsteilung und die Stabilität von Lieferketten hat unsere Arbeitswelt fundamental verändert. Wie erleben Sie persönlich diese Veränderungen? Martina Fohr: Auch an meiner eigenen Tätigkeit gingen diese Veränderungen nicht spurlos vorbei. Vor der Pandemie war es selbstverständlich, dass ich im Büro anzutreffen war. Dies wurde erwartet – obligatorisch. Die Idee vor allem von zu Hause aus zu arbeiten, war undenkbar. Heute empfinde auch ich es als ausgesprochen angenehm, ein paar Tage während der Woche von zu Hause aus arbeiten zu können. Aber gleichzeitig sind die Gespräche im Büro durch nichts zu ersetzen. Ein Schwerpunkt Ihrer beruflichen Tätigkeit ist die Transport- und Logistikbranche. Wie gehen Ihre Kunden dort mit diesem Phänomen um? Dr. Fohr: Im Transport- und Logistiksektor und in Supply Chain Rollen haben wir natürlich eine gänzlich andere Situation als in den Dienstleistungsbereichen. Das liegt daran, dass es viele Menschen gibt, die in Lägern oder Umschlagshallen arbeiten oder Fracht ausliefern und die deshalb an ihren Arbeitsplatz gebunden sind. Dies kann zu einem Ungleichgewicht mit ihren Bürokollegen führen, die wahrscheinlich eine größere Flexibilität genießen. Aus meinen Gesprächen mit Führungskräften dieser Industrie geht hervor, dass der Führungsstil an die Kollegen angepasst werden muss, die von zu Hause aus arbeiten können. Es gibt auch anhaltende Bedenken, dass die Home-office-Tätigkeit nicht so produktiv ist, was wiederum zu Herausforderungen führt, wie man reagieren soll, wenn jemand nicht aus der Ferne arbeitet. Aus diesem Grund legen viele Unternehmen dieser Branche großen Wert darauf, dass ihre Mitarbeiter zumindest zeitweise im Büro sind. So setzen beispielsweise die globalen Logistikunternehmen Schenker und DHL inzwischen beide auf einen hybriden Ansatz. Schenker hat mit seinen Mitarbeitern im Büro eine Vereinbarung getroffen, die es ihnen ermöglicht, an zwei Tagen in der Woche von zu Hause aus zu arbeiten und DHL bietet vielen seiner Mitarbeiter virtuelle Optionen an und stellt gleichzeitig sicher, dass sie an persönlichen Besprechungen und Veranstaltungen teilnehmen. Ist der von Ihnen beschriebene hybride Ansatz der Arbeitsplatzgestaltung nicht besonders durch Cyber-Angriffe gefährdet – insbesondere weil eine funktionierende und sichere IT-Struktur das Rückgrat aller Logistik-Geschäftsmodelle ist? Martina Fohr: In der Tat ist es für IT-Teams schwieriger, verdächtige Aktivitäten zu erkennen, wenn Mitarbeiter an mehreren Standorten arbeiten und verschiedene Geräte und Netzwerke verwenden. Um diesen ProbleBild: © BildWert Hilpert Dr. Martina Fohr Dr. Rudolf Müller

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