unternehmen & trends DIGITAL 1/2021

muss, um die gewünschten Ergebnisse zu er- zielen. Man hat also keinen bestimmten Satz an Maschinenparametern, den man einstellen muss, um das gewünschte Produkt herstel- len zu können. Manchmal hängt es davon ab, welche Umgebungsbedingungen herrschen, dass ein Prozess, innerhalb dessen ein be- stimmtes Produkt herstellt wird, funktioniert oder eben nicht funktioniert. Lassen sie mich ein Beispiel schildern: Es gibt Unternehmen, die haben eine große Fertigung für Folien. Diese Folien werden mit Blasextrusionsma- schinen hergestellt. Die Folie wird dabei wie ein großer Schlauch in die Höhe geblasen, da- mit sie abkühlt und dann aufgewickelt werden kann. Dafür muss man bestimmte Parameter einstellen, damit die Folie eine vom Kunden geforderte Festigkeit, aber auch eine definier- te Dehnbarkeit hat. Manchmal kann es sein, dass bei bestimmten Wetterbedingungen diese Folie an einem Tag gar nicht hergestellt werden kann, weil es eben gar nicht geht. Aber keiner weiß, warum das wirklich so ist. Da gibt es erfahrene Maschinenbediener, die sagen: Heute brauchen wir mit dem Produkt nicht anzufangen. Heute schaf fen wir das nicht. Aber warum das so ist – das bleibt in den Köpfen bzw. der Intuition der Bediener. Und unsere Idee ist, dass wir jetzt versuchen, einmal dieses Vorwissen, das erfahrene Ma- schinenbediener haben, einzubringen und zu modellieren. Darüber hinaus wollen wir aber auch Daten aus den Prozessen schon ganz von Anfang an sammeln. Dies erreichen wir durch Überinstrumentierung, indem wir um- fassende Sensorik in die Anlage einbauen, um dann Daten zu sammeln, daraus Modelle zu machen und Prozessparameter zu lernen. Wir erforschen damit, welch e Parameter verän- dert werden müssen, damit am Ende die Qualität gleichbleibend hoch bleibt. Das schafft man nur im Verbund der beschrie- benen Kompetenzen und das verstehen wir darunter, wenn wir sagen, dass wir un- reife Prozesse industrialisieren. Ist es falsch oder abwegig, dieses Phä- nomen unreifer Prozesse mit dem pro- fanen Vorgang des Backens eines Ku- chens zu vergleichen? Einmal gelingt er, einmal nicht, obwohl man vermeintlich in beiden Fällen das Gleiche gemacht hat? Sauer: In der Tat – manchmal geht der Teig auf und manchmal nicht, obwohl man es in beiden Fällen genau gleich gemacht hat. Und am Ende kommt nicht in allen Fäl- len das Produkt heraus, das man eigent- lich haben will. Unsere Arbeitshypothese ist: Wir versuchen, durch Überinstrumen- tierung, d.h. durch den massiven Einbau von Sensorik unterschiedlichster Art an verschiedenen Stellen des Prozesses, mittels datengetriebener Modellierung herauszufinden, was eigentlich die ver- antwortlichen Parameter für bestimmte Produkteigenschaften sind. Und wenn dann der Prozess stabil läuft und man verstanden hat, welche Prozessparameter für welche Messwerte verantwortlich sind, kann man die überschüssige Instrumentie- rung wieder entfernen. Der Prozess muss auch wirtschaftlich sein: Sensorik, Daten- erzeugung und -verarbeitung verursachen erhebliche Kosten. Deswegen wollen wir am Ende nur genau die Sensorik haben, die man braucht, um den Prozess gezielt regeln oder steuern zu können. Die Über- instrumentierung ist insoweit nur Mittel zum Zweck, um die für bestimmte Quali- tätsmerkmale im Gesamtprozess verant- wortlichen Parameter zu identifizieren. Sie bieten der Industrie in der Karlsruher Forschungsfabrik auch „Embedded Sci- entist“ an. Was versteht man darunter? Sauer: Wir verstehen unter „Embedded Scientist“ Mitarbeiter aus Unternehmen, die gemeinsam mit unserem Team an Greater Region Mobility Innovation international Greater Region Mobility Innovation international autoregion220.indd 1 16.08.20 09:25 Greater Region Mobility Innovation international autoregion121.indd 1 22.02.21 09:28 Die nächste Ausgabe erscheint im August 2021. Lesen Sie hier die aktuelle Online-Ausgabe: autoregion international Edition 1/2021 www.vek-onlineservice.de/publikation/ar121

RkJQdWJsaXNoZXIy MjUzMzQ=