OEM&Lieferant 2/2023

52 Was sind die Möglichkeiten des Industrial Metaverse? Das Industrial Metaverse schafft Umgebungen, in der technische Produkte und deren Produktion visualisiert und frühzeitig virtuell erfahrbar gemacht werden können. Auf Grundlage von Datenhaltungen in der Cloud, steigender IT-Rechenleistung, KI-Methoden im Engineering und neuen Kollaborationsmöglichkeiten im virtuellen Raum werden Feedback-Loops beschleunigt, indem alle am Prozess beteiligten internen und externen Fachbereiche, Entscheidungsträger, aber auch die Nutzer des späteren Produkts leichter in die Entwicklung eingebunden werden können. Damit wird zum einen eine höhere Kundenzufriedenheit und -bindung sichergestellt. Zum anderen werden deutlich weniger physische Prototypen gebraucht, was einen enorm positiven Einfluss auf Zeit und Kosten in der Entwicklung hat. Ziel ist die Simulation und Validierung des Systemverhaltens unter Einbezug von Software und Hardware sowie des entsprechenden physikalischen Verhaltens. Hier ist sicherlich noch viel zu tun – die Weichen sind jedoch gestellt. Nach unserer Überzeugung bedingen sich drei wesentliche Initiativen in der Produktentstehung, wenn man die Virtualisierung im Industrial Metaverse mit den Zielen Zeit- und Kostenreduktion vorantreiben will: Digitaler Zwilling: Die Abbildung der Entwicklungs-, Produktions- und Betriebs- bzw. Wartungsphase von Produkten in einer virtuellen Umgebung erfordert konsistente Modelle – Digitale Zwillinge – sowie operative Daten aus der Betriebs- und Wartungsphase. Sie sind die Grundlage für die Simulation und Optimierung von technischen Lösungen und Ideengeber für die Ausgestaltung neuer Geschäftsmodelle. Systems Engineering (SE): Eine integrative Systems Engineering Methodik stellt sicher, dass konsistente Modelle und Werkzeuge für den Entwurf, die Entwicklung und die Verwaltung komplexer Systeme nutzbar werden. Sie integriert die Sichten der Ingenieurdisziplinen auf Basis klarer Architekturen und Systemmodelle, an denen fachspezifische Modell- und Methodenwelten andocken können. Product Lifecycle Management (PLM): Unternehmen müssen stärker denn je dafür sorgen, dass alle produktbezogenen Daten und Informationen entlang eines End-to-endProzesses über einen globalen PLM-Backbone und Data Spaces, wie dem Industrial Metaverse, dem kompletten Eco-System zur Verfügung stehen. Das PLM (Product Lifecycle Management) stellt dazu die Methoden, Prozesse und Tools zur Verwaltung des gesamten Lebenszyklus eines Systems oder Produkts von der Konzeption bis zur Ausmusterung bereit. Agieren oder abwarten? Der richtige Zeitpunkt für die Beschäftigung mit dem Industrial Metaverse ist gekommen. Entsprechende virtuelle Entwicklungsumgebungen werden kommerziell angeboten und sind derzeit bei vielen Unternehmen Gegenstand von Proof of Concepts. Es ist nicht die Frage, ob das Industrial Metaverse kommt, sondern in welchen Schritten und für welche Anwendungsszenarien. Unternehmen sollten sich daher jetzt mit den notwendigen Voraussetzungen beschäftigen. Diese reichen von Fragen wie der IT-Bebauung über die Etablierung notwendiger R&D-Fähigkeiten bis hin zur Klärung IP-rechtlicher Fragestellungen im Kontext der Kollaboration mit externen Partnerunternehmen. Der Weg dorthin lässt sich Use-Case-basiert gestalten. Es gilt also dort einzusteigen, wo der Nutzen am größten ist, hier Erfahrungen zu sammeln und von da aus nach und nach auszubauen. Dies sollte jedoch entlang eines Zielbilds erfolgen, um die Integration der einzelnen Initiativen sicherzustellen. Die Beschäftigung mit dem Industrial Metaverse ist eine strategische Entscheidung mit hoher Tragweite für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit. UNITY ADVANCED DEVELOPMENT Consulting Die Produktentstehung der Zukunft im Industrial Metaverse Von Dr.-Ing. Daniel Steffen, Head of R&D Management / Systems Engineering, UNITY AG, und Dr.-Ing. Jens Standke, Head of Product Lifecycle Management & Digital Twin, UNITY AG Die Digitalisierung in der Produktentstehung steht vor einem neuen Sprung: Das Industrial Metaverse ermöglicht eine virtuelle Kollaboration der an der Entwicklung beteiligten Personen und Partnerunternehmen auf einem zuvor unerreichbaren Niveau. Grafik: © UNITY

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