OEM&Lieferant 2/2023

10 Transformation und Beschäftigung Von Armin Gehl, Geschäftsführer autoregion e. V., Saarbrücken Welche Auswirkungen der Transformationsprozess in der Automobilindustrie auf die Beschäftigung mittel- und langfristig haben wird, ist in hohem Maß selbst unter Fachleuten umstritten. Insbesondere die Umstellung auf E-Mobilität und der damit einhergehende Bedeutungsverlust von Verbrennungsmotor und des gesamten Antriebsstrangs werden nicht ohne Konsequenzen für die Beschäftigung bleiben. Bild: © autoregion e. V. Bereits 2022 kündigte Jim Farley, CEO von Ford an, für den Bau von E-Autos 40 Prozent weniger Arbeiter zu benötigen als für die Herstellung eines Fahrzeugs mit klassischem Verbrennungsmotor. Damals noch belächelt oder nicht ernst genommen sind wir mit der angekündigten und zeitnah zu erwartenden Schließung des Ford Produktionswerkes in Saarlouis in der schmerzhaften Realität angekommen. 1970 gegründet waren hier zuletzt noch 4800 Mitarbeiter beschäftigt. Circa 1700 Beschäftigte arbeiten bei unmittelbaren Zulieferern in der näheren Region. Ford wird komplett seine Fertigung auf Elektromodelle umstellen und die Produktion an anderen Standorten konzentrieren. Ist dies der Modellfall für die gesamte Branche und drohen uns ähnliche Szenarien auch von unseren deutschen Herstellern? Noch sind die Aussagen und Planungen nicht eindeutig oder gehen von unterschiedlichen Voraussetzungen aus. MercedesBenz geht nach vorsichtigen Aussagen seines Vorstandsvorsitzenden Källenius davon aus, seinen Personalbestand bis zum Jahr 2030 zu reduzieren ohne jedoch zu präzisieren, wo und wie sich in dieser Reduzierung der Transformationsprozess widerspiegelt. Volkswagen hingegen sieht keine tiefgreifenden Risiken im Hinblick auf Jobverluste. Selbst deren Konzern-Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo führte unlängst aus, dass „dieser tiefgreifende Wandel der Branche nicht in dramatischen Brüchen enden“ würde. Doch scheint die Perspektive einzelner OEM’s nicht die gesamte Bandbreite des kommenden Problems zu spiegeln. So kommt der Branchenverband VDA in einer umfassenden Studie zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die Elektrifizierung der Neuwagenflotte zu erheblichen Beschäftigungsverlusten in der Automobilindustrie sowie in vor- und nachgelagerten Branchen führen werde, wobei die automobile Zulieferindustrie besonders hart betroffen sein werde. Hier sind es besonders die Unternehmen, die ihren Schwerpunkt in der metallverarbeitenden Fertigung rund um den Antriebsstrang des Verbrennungsmotors haben. Diese Komponenten – vornehmlich Motor und Getriebe – finden sich im elektrisch angetriebenen Fahrzeug nicht mehr und werden dort durch andere Bauteile substituiert. Und die Fertigung dieser Bauteile – in erster Linie Elektromotor und Batteriezellen- wird bei weitem nicht die durch den Wegfall des Antriebsstranges zurückgehende Beschäftigung kompensieren. Dies liegt zum einen daran, dass der Elektromotor deutlich weniger Bauteile aufweist und zum anderen daran, dass der Schwerpunkt der Wertschöpfung in der Batteriezellenfertigung in Asien liegt. Auch wenn unsere deutschen Hersteller mit Hochdruck in Entwicklung und Fertigung von Batteriezellen investieren, wird es noch Jahre dauern, bis sich daraus spürbare Beschäftigungseffekte in Deutschland ergeben. So arbeiten aktuell im BMW-Pilotwerk für Batteriezellenfertigung in Pasdorf bei München gerade circa 50 Mitarbeiter. Im Bau befindliche Werke wie bei Stellantis in Kaiserslautern, Tesla in Grünheide oder dem chinesischen Batteriehersteller CATL in Erfurt werden erst Mitte des Jahrzehnts die Produktion aufnehmen. Auch und gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels muss es die Aufgabe aller am automobilen WertschöpfungsArmin Gehl, Geschäftsführer autoregion e. V.

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