OEM&Lieferant Ausgabe 2/2021

60 Nachhaltigkeit spielt beim Absatz von Neu- fahrzeugen bereits eine große Rolle: Eine aktuelle Studie ( https://t1p.de/gqnk ) von Capgemini Invent 1) fand heraus, dass mit 69 Prozent die überwiegende Mehrheit der Befragten beim Autokauf bereits auf Nach- haltigkeit achtet. Für 34 Prozent ist sie sogar ein Grund, die Automarke zu wechseln. An der Studie nahmen 1.500 Besitzer oder ehe- malige Besitzer von Fahrzeugen der Marken Audi, BMW, Mercedes, Tesla oder VW aus Deutschland, Großbritannien und den USA teil. Die Ansprüche der Befragten an die Auto- mobilindustrie gehen weit über niedrige CO2-Emissionen und umweltfreundliche Produktionsprozesse hinaus, wie die Er- gebnisse zeigen. 83 Prozent erwarten, dass OEMs digitale Technologien besser nutzen, um nachhaltiges Fahren zu unterstützen. 57 Prozent der Befragten (61 Prozent in Deutsch- land) würden erweiterte Mobilitätsangebote begrüßen, wie z. B. Optionen für Car- oder Bi- kesharing, Leasing von Mikromobilitätsfahr- zeugen oder auch die Integration mit dem öffentlichen Nahverkehr. Darüber hinaus ist ihr Informationsbedarf hoch: 63 Prozent wün- schen sich mehr Unterstützung von Händ- lern und Herstellern bei der Konfiguration eines individuellen Nachhaltigkeitspaketes. Es mangelt nicht an guten Strategien Automobilhersteller werden nicht auf Knopf- druck jeden dieser Wünsche erfüllen kön- nen. Dennoch machen die Studienergeb- nisse deutlich, dass Käufer inzwischen einiges erwarten. Die Antwort der Branche darauf hat das Capgemini Research Institute im ver- gangenen Jahr untersucht. So zeigt sich, dass 62 Prozent der Hersteller bereits über eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie mit klar definierten Zielen und Zeitplänen verfügen. Unterm Strich sind hier die großen Hersteller aus Deutschland und den USA in vielen Bereichen führend. Die Studie 2) , für die weltweit mehr als 500 Führungskräfte aus Automobilunter- nehmen sowie 300 Nachhaltigkeitsexper- ten befragt wurden, fand aber auch heraus, dass die Umsetzung häufig nicht ganzheit- lich erfolgt. Darüber hinaus müsste die Automobilindustrie bei ihren derzeitigen Investitionen einen Rückstand von 20 Prozent aufholen, um die internationalen Klimaziele zu erreichen. Dennoch stuften Nachhaltigkeitsexperten die Automobil- industrie entweder als anderen Branchen voraus (46 Prozent) oder mit ihnen gleich- auf (19 Prozent) ein. Damit Autokäufer diese Bemühungen ho- norieren, muss aber nicht nur das Produkt, sondern auch die Kommunikation stimmen. Das Ziel muss sein, eine Marke insgesamt mit Nachhaltigkeit zu assoziieren. Das ge- lingt bislang noch nicht umfassend. Nachhaltigkeit ganzheitlich verankern Insgesamt geht es daher darum, dass Unternehmen Nachhaltigkeit von oben nach unten etablieren und diese als unter- nehmensweite Mission kulturell verankern müssen. Konkrete Fortschritte im Bereich Nachhaltigkeit können sie durch Berichte mit standardisierten Kennzahlen kommu- nizieren. Außerdem sollten Führungskräfte Rechenschaftspflichten erhalten und die Unternehmen in eine robuste Governance investieren. Nachhaltigkeitsinitiativen müssen entlang der gesamten Wertschöpfungskette ge- plant und umgesetzt werden – das schließt auch die Verantwortung der Zulieferer mit ein. Zudem erfordert die Nutzung von Nachhaltigkeit das Zusammenspiel von Produktentwicklung, Marketing und Ver- trieb. Hersteller müssen ein durchgängiges, optimales Kundenerlebnis schaffen. Zu- dem sollten die Hersteller das Potenzial von Technologie ausschöpfen und Allianzen und Partnerschaften ausbauen, um eine größere Wirkung zu erzielen. Nachhaltig Autos zu produzieren, ist eine große Herausforderung, keine Frage. Sie bietet aber auch die Chance, neue Ziel- gruppen zu erschließen und Wow-Effekte beim Kunden zu generieren. Diese Chancen sollten sowohl OEMs als auch Zulieferer nut- zen, um ihre Vorreiterrolle in Sachen Nach- haltigkeit weiter auszubauen. 1)  „Sustainable Mobility. What do Customers and Car Buyers experience today, and how can OEMs turn Sustainability into a Compe- titive Advantage?” ( https://t1p.de/gqnk ), Capgemini Invent, 2021. 2)  Studie „The Automotive Industry in the Era of Sustainability” ( https://t1p.de/8hgx ), Capgemini Research Institute, 2020. Dienstleistungen Nachhaltigkeit: Was Kunden wollen und Hersteller leisten Von Ralf Blessmann, Executive Vice President, Leiter des Automotive-Sektors bei Capgemini in Deutschland Nachhaltigkeit gewinnt für die Automobilindustrie immer mehr an Bedeutung – nicht zuletzt, da der Druck von Politik, Investoren und Interessengruppen steigt. Aber auch für den Kunden wird Nachhaltigkeit beim Autokauf ein immer wichtigeres Kriterium. Wie sollen sich OEMs und Lieferanten aufstellen, um nachhaltig und gleichzeitig profitabel zu wirtschaften? Grafik: © Capgemini Research Institute analysis Teilen

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