OEM&Lieferant Ausgabe 2/2021

28 Herr Pajak, VOIT Automotive ist ein multi- national agierender Systemlieferant für die Automobilindustrie und fertigt für ei- nige der weltweit größten OEM und Zu- lieferer. Der VOIT Unternehmensverbund beschäftigt am Hauptstandort St. Ingbert ca. 1.000, weltweit an mehreren Stand- orten insgesamt ca. 2.000 Mitarbeiter. Das traditionsreiche Technologieunter- nehmen entwickelt und fertigt hoch- präzise kundenspezifische Aluminium- Druckgussteile mit fertig bearbeiteten Funktionsflächen und Fertiggusstechnik sowie Module und Komponenten in Um- formtechnik (Stanz-, Zieh und Biege- rolltechnologie). Die Lösungen reichen vom Produkt- und Prozessengineering, Prototyping, Werkzeugbau, Fertigung, Oberflächenbearbeitung, Baugruppen- montage & Funktionserprobung bis zur Just-in-time-Anlieferung einbaufertiger Serienteile. Sie sind seit Oktober 2020 Chief Corpo- rate Officer der VOIT Automotive und haben Ihren Vater in der Geschäfts- führung abgelöst, der in den Aufsichts- rat wechselt. Wie fällt Ihr erstes Fazit als Geschäftsführer nach den neun Monaten während der Coronapandemie aus? Christopher Pajak: Der Generationen- wechsel in der Geschäftsführung war seit ei- niger Zeit in Planung und wurde dann im Ok- tober 2020 umgesetzt. In den vergangenen Jahren war ich bereits in alle strategischen Entscheidungen eingebunden. Mein Vater bleibt natürlich über die Tätigkeit im Auf- sichtsrat und als geschäftsführender Ge- sellschafter des Mutterkonzernes im VOIT Unternehmensverbund sehr präsent. Die Coronapandemie und der Lockdown im Frühjahr 2020 waren nach der globalen Finanzkriese 2009 die zweite große globa- le Krise innerhalb von fast einem Jahrzehnt, welche uns als Unternehmensverbund mas- siv getroffen hat. Dabei hat die Pandemie im Vergleich zur Finanzkrise die Angebots- und Nachfrage-Situation der globalen Märkte gleichermaßen signifikant beeinflusst. Wir Interview VOIT Automotive: on the way to e-mobile and zero emission Innovationskraft, Agilität und Prozess Know-how als Schlüsselattribute der Transformation hin zur Elektromobilität und CO2 Neutralität Im Interview mit OEM&Lieferant äußert sich Christopher Pajak, Chief Corporate Officer der VOIT Automotive GmbH zum Transformationsprozess in der Automobilindustrie, zur aktuellen Entwicklung und dem Ausblick der VOIT-Gruppe Bild: © Alexander Kowalski mussten gruppenweit massive Umsatzver- luste im Vergleich zum Vorjahr 2019 ver- kraften, überwiegend ohne großen Vorlauf. Unabhängig davon befindet sich die Auto- mobilindustrie in der größten Umbruch- phase seit Jahrzehnten, hin zur Elektro- mobilität und hin zum autonomen Fahren. Für diese Transformation werden extrem viele Ressourcen benötigt, besonders Humankapital sowie hohe liquide Mittel für Investitionen. In Kombination mit der politi- schen Diskussion rund um verschärfte CO2- Ausstoß Vorgaben und der angestrebten Klimaneutralität in der Industrie, bleibt das Marktumfeld somit sehr herausfordernd. Ich persönlich schaue nach den sehr inten- siven Krisenmonaten des Lockdowns positiv zurück, da wir bereits in 2019 diverse strate- gische, strukturelle, operative und finanzielle Maßnahmen im gesamten Führungsteam er- arbeitet haben, welche stringent umgesetzt wurden oder sich noch in der Umsetzung befinden. Die Umsetzung der Maßnahmen ist sehr aufwändig, die erhöhte Profitabilität Christopher Pajak Chief Corporate Officer Geschäftsführer im Vergleich zum Vorkriesenniveau 2019 be- stätigt aber unser Handeln. Zudem befinden wir uns aufgrund unseres Orderbooks auf einem nachhaltigen Wachstumspfad, wel- cher geprägt ist durch die Elektromobilität. Können Sie etwas näher auf die erwähnten operativen Maßnahmen eingehen? Christopher Pajak: Die schwierige Markt- situation, besser gesagt die globale Ab- satzsituation, hat sich Ende 2018 schon lange vor der Pandemie zugespitzt. In Europa veränderte der Brexit und Diesel- gate das Konsumentenverhalten, zusätz- lich beeinflusste der Handelsstreit die glo- bale Nachfrage nach dem Automobil. Die Marktsituation bewirkte zudem, dass die Margen im Zuliefererbereich weiter unter Druck gerieten. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, haben wir die gesam- te Organisation durchleuchtet und Mitte 2019 entsprechende Effizienzmaßnahmen erarbeitet. Strukturell haben wir unseren Overhead optimiert. In enger Abstimmung mit den Betriebsräten und den Gewerk- schaften haben wir einen Zukunftsvertrag für die Belegschaft erarbeitet, der uns als Unternehmen in Abhängigkeit von der Profitabilität eine gewisse Flexibilität bei den tariflichen Sonderzahlungen eingesteht. Im Gegenzug hat sich das Unternehmen bis 2023 dazu verpflichtet, Investitionen im mitt- leren zweistelligen EUR Millionenbereich in neue Projekte der Elektromobilität zu tätigen und eine Beschäftigungsgarantie aus- zusprechen. Operativ haben wir viele Teilprojekte aufgesetzt, einige entfallen davon beispielsweise auf Produktivi- tätssteigerungsmaßnahmen, andere auf die Optimierung des Einkaufs oder auf Pricing-Maßnahmen. Strategisch ist neues, zukunftsträchtiges Ge- schäft der Elektromobilität der ent- scheidende Faktor in Kombination mit der richtigen Standortstrategie. Um unsere Wettbewerbsfähigkeit im Wertschöpfungsnetzwerk zu opti- mieren, wurde 2018 entschieden, das Werk in Polen massiv auszubauen, auf eine Gesamtproduktionsfläche

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