OEM&Lieferant Ausgabe 2/2021

14 E-Fuels – Der Game Changer der Mobilität Von RA Elmar Kühn, Hauptgeschäftsführer, UNITI Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen e. V. Im Rahmen der nationalen Umsetzung des Europäischen Klimagesetzes soll der Verkehrssektor in Deutschland bis 2045 klimaneutral werden. Ein ambitioniertes Ziel wird unter ande- rem daran gemessen, dass der Fracht- güter- und der Personenverkehr in den kommenden Jahren weiter zulegen wird und der Anteil flüssiger Energieträger im Verkehrssektor in Deutschland bei rund 98 Prozent liegt – Strom zum Betrieb des Fuhr- parks also noch keine nennenswerte Rolle spielt. Aufgrund des begrenzten weiteren Ausbaupotentials für Wind- und Sonnen- energie in Deutschland und des gleichzeitig steigenden Energiebedarfs, ist das Land zwingend auf den Import Erneuerbarer Energien angewiesen, um seine Klimaziele zu erreichen. Im globalen Maßstab ist da- gegen ausreichend Erneuerbare Energie aus Wind und Sonne vorhanden. Aufgrund von Speicher- und Transportrestriktionen muss Strom nahe des Anwendungsorts ge- wonnen werden – er fällt für den Import also weitgehend aus. E-Fuels lösen das Problem. E-Fuels („Electric Fuels“) sind flüssige syn- thetische Kraft- und Brennstoffe, die mittels grünen Stroms aus Wasserstoff und Kohlen- stoffdioxid hergestellt werden. Da bei ihrer Nutzung nur so viel CO2 freigesetzt wird, wie zuvor bei ihrer Produktion der Atmosphäre entzogen wurde, sind sie klimaneutral. Die chemischen Eigenschaften von E-Fuels entsprechen denen herkömmlicher (fos- siler) flüssiger Kraft- und Brennstoffe. Sie haben eine hohe Energiedichte und können leicht transportiert sowie gespeichert wer- den. Diese Eigenschaften ermöglichen es u.a., preisgünstige erneuerbare Energie aus sonnen- und windreichen Gebieten der Welt in Form von E-Fuels nach Deutschland zu importieren. E-Fuels können sowohl im Pkw als auch in allen anderen Verkehrsträgern verwendet werden. Sie sind weltweit ein- setzbar und können die bestehenden Infra- strukturen nutzen. Sie eignen sich für den Fahrzeugbestand genauso wie für Neufahr- zeuge. E-Fuels tragen zur Beschäftigungs- und Standortsicherung in Deutschland und zur wirtschaftlichen Entwicklung in den Er- zeugerländern bei. Trotz der beschriebenen Vorteile über E-Fuels kursieren eine Reihe von Irrtümern: 1. „Verbrenner mit E-Fuels haben eine schlechtere CO2-Bilanz als BEV.“ Falsch. Es wurde nachgewiesen, dass schon heute ohne E-Fuels die über den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs kumulierten CO2-Emissionen bei batterieelektrischem Antr ieb (BEV) und verbrennungs - motorischem Antrieb (ICEV) relativ nahe beieinander liegen. Die CO2-Emissionen sind in den einzelnen Lebenszyklusphasen unterschiedlich hoch: Für BEV primär bei Herstellung und Erzeugung der Antriebs- energie; für ICEV in der Nutzungsphase. Die CO2-Gesamtbilanz der Fahrzeuge wird sich zukünftig weiter verbessern: Bei BEV durch die Steigerung des Anteils der Erneuer- baren am Strommix und für ICEV durch den steigenden Beimischungsanteil von E-Fuels. 2. „Strom für E-Fuels zu nutzen ist weniger effizient als für BEV.“ Eine Studie hat nachgewiesen, dass Fahr- zeuge mit Verbrennungsmotor, die mit klimaneutralen Kraftstoffen angetrieben werden, bei einem gesamtheitlichen Effizienzvergleich für Produktion und Nut- zung ein ähnliches Ergebnis aufweisen, wie batteriegetriebene Fahrzeuge. In gängigen konventionellen Effizienzanalysen bleiben vor allem standortspezifische Faktoren der Erzeugung erneuerbarer Energien und die damit einhergehende Ertragseffizienz der erneuerbaren Stromgewinnung un- berücksichtigt. E-Fuels profitieren davon, dass sie an internationalen Standorten mit hohen Stromerträgen aus erneuer- baren Energien hergestellt und von dort importiert werden können. Ladestrom für E-Fahrzeuge muss dagegen aufgrund von Speicher- und Transportrestriktionen nah am Ort der Verwendung erzeugt werden. Auch weitere wichtige Faktoren bleiben in konventionellen Effizienzanalysen unbe- rücksichtigt: Dazu zählen Energieverluste beim Transport und bei der Speicherung, Ladeverluste bei batterieelektrischen Fahr- zeugen sowie der Energiebedarf zur Klima- tisierung der Fahrzeuge. Elmar Kühn Grafik: © Icons made by Freepik, Vector`s Market and Pixelperfect from www.flaticon.com Bild: © UNITI

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