OEM&Lieferant Ausgabe 2/2021

13 bewährt, indem es gerade in der Krise seine Leistungsfähigkeit bewiesen hat. Insgesamt bedeutet dies einen starken Reputations- gewinn für unsere Branche. Scheinbar erholt sich die Weltwirtschaft wieder. Dennoch klagen neben der Auto- mobilindustrie viele Branchen über Liefer- engpässe bei Ersatzteilen. Warum sind Lieferketten offensichtlich gerissen und was muss getan werden, um wieder zu stabilen Versorgungssituationen zurück zu kehren? Hartmut P. Röhl: Die weltweiten Liefer- ketten in der Automobilwirtschaft sind nicht so einfach aus- und wieder anzuknipsen. Auch die Versorgung mit Ersatzteilen hängt davon ab, ob die Erstausrüstung läuft. Neben dem Mangel an Halbleitern, der die Automobilproduktion bremst, sind im Mo- ment wohl die international verfügbaren Transportkapazitäten, insbesondere bei der Schifffahrt, der Engpass. Darunter leiden angesichts der Liefermengen in erster Linie die OEMs, die in global vernetzten Syste- men produzieren, die kurzfristig auch nicht veränderbar sind. Aber auch hier zeigen sich die Vorteile unserer Branche. Wir sind in der Lage, kurzfristig neue Lieferketten aufzubauen und unseren Kunden Alter- nativen anzubieten. Angesichts unserer viel- fältigen Geschäftsbeziehungen, können wir gegebenenfalls auch Lieferantenwechsel vornehmen. Im Vergleich zu den OEMs be- wegen wir im Einzelfall geringere Transport- mengen, was es uns erleichtert, alternative logistische Wege zu beschreiten. Unsere Erfahrungen im Teilemanagement – vom Einkauf bis zum Verkauf – zahlen sich hier aus und machen deutlich, dass Flexibilität und Kundenorientierung die DNA unserer Branche sind. Nicht zuletzt aufgrund staatlicher Förde- rung steigen die Neuzulassungen batte- rie-elektrisch angetriebener Fahrzeuge stark an. Der Elektromotor gilt im Ver- gleich zum klassischen Verbrennungs- motor als weniger war tungs- und reparaturintensiv. Welche Folgen hat dies für Ihre Branche? Hartmut P. Röhl: Zwar steigt die Zahl der neu zugelassenen Elektrofahrzeuge an, sie macht aber bisher nur einen sehr ge- ringen Anteil am Gesamtfahrzeugbestand aus. Gleichwohl bereiten wir uns natürlich auf den Transformationsprozess im Ver- kehrssektor vor. Es ist klar, dass ein Elektro- fahrzeug deutlich weniger Verschleißteile hat, als ein herkömmlicher Verbrenner. Wir werden versuchen, dies durch andere Dienstleistungen zu kompensieren. Genau wie der freie Teilegroßhandel müssen auch die Werkstätten in neue Ausrüstung und Fähigkeiten investieren. Während der Staat diesen Transformationsprozess bei den OEMs durch großzügige Subventionen bei der Absatzfinanzierung mit hohen Kauf- prämien für Elektrofahrzeuge unterstützt, ist der Independent Aftermarket bei der GVA https://www.gva.de Über den GVA https://t1p.de/31my Teilen Finanzierung dieses Prozesses auf sich al- lein gestellt, was die Wettbewerbssituation wiederum schwächt. Weiterhin zu be- denken ist, dass die einseitige Förderung des Elektroantriebs nicht der Königsweg zum Erreichen unserer Klimaziele im Ver- kehrssektor sein kann. Sie muss von Ver- brennern mit sauberem Kraf tstof f, wie E-Fuels, flankiert werden. Nicht der Ver- brennermotor, sondern der verbrannte fossile Kraftstoff belastet die Umwelt. Mit CO2-neutralem Kraftstoff würde auch eine saubere Lösung für den großen Bestand von Fahrzeugen mit Verbrennern erreicht und die Spitzenstellung der deutschen Her- steller in dieser Technologie gesichert. Was sind die wichtigsten Projekte auf der Agenda des GVA für das laufende und das kommende Jahr? Hartmut P. Röhl: Ganz oben auf der Agen- da steht die Neufassung der Aftermarket- GVO auf EU-Ebene, die 2023 auslaufen wird. Von zentraler Bedeutung werden auch in diesem und im kommenden Jahr unsere Bemühungen sein, unseren Mit- gliedsunternehmen Zugang zu Fahrzeug- daten zu verschaffen. Das ist zunächst die Durchsetzung der bereits gesetzlich be- stehenden Ansprüche auf Zugang zu War- tungs-, Reparatur- und Teileinformationen. Hinzu kommt der faire, gleichberechtigte Zugang zu den vom Fahrzeug selbst ge- nerier ten Daten, die insbesondere für Reparaturleistungen von Bedeutung sind. Hier steht nach wie vor unsere Forderung nach einer sicheren of fenen Telematik- Plattform (S-OTP) im Fahrzeug im Raum, statt des Systems der Fahrzeughersteller. Last but not least bleibt die Beteiligung an der Automechanika zu nennen, die im September 2021 im Format „Digital Plus“ in Frankfurt stattfinden wird. Diese Messe ist die Leitmesse der Automobilbranche für Ausrüstung, Teile, Zubehör und Manage- ment & Services, eben für den gesamten Aftermarket, und damit weltweites Schau- fenster der Leistungsfähigkeit unserer Branche. Herr Röhl, wir danken Ihnen für das Gespräch. Das Interview führte Dr. Rudolf Müller, freier Journalist emotion for mobile worlds zum Video VOIT Automotive ist ein multinational agierender Automobilzulieferer und fertigt für einige der weltweit größten OEM und Zulieferer. Über 250 Fahrzeug- modelle und 45 Marken haben „VOIT inside“. Rund 100 Mio. Komponenten werden jährlich u.a. bei Audi, BMW, Mercedes, VW, Ford, Jaguar, Land Rover verbaut. Die Komplettlösungen reichen vom Produkt- und Prozessengineering über Prototyping, Werkzeugbau, Großserien- fertigung, Oberflächenbearbeitung, Baugruppenmontage und Funktionser- probung bis hin zur Just-in-time-Anlie- ferung einbaufertiger Serienteile. Mit Blick auf die mobileWelt von Morgen ist VOIT Automotive als Technologie- führer, Entwicklungspartner und zuver- lässiger Großserienlieferant im Bereich Aluminium-Druckguss und Umformtechnik vor allem in den Zukunftsmärkten der Elektromobilität und des Autonomes Fahrens vertreten. Antriebstechnik: Entwickelt und gefertigt werden Power- train-Komponenten für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, Hybride und rein elektrische Antriebe: von Getriebe- Innenteilen bis hin zu einbaufertigen Gehäusen für E-Achsen. Fahrerassistenzsysteme: In der Zukunft des autonomen Fahrens und der Elektrifizierung ist VOIT in den Produktfeldern Comfort & Safety und Fahrerassistenzsysteme aktiv und fokus- siert sich auf Komponenten für das Ther- malmanagement sowie das Fahrwerk V O I T Automotive GmbH Saarbrücker Strasse 2 D-66386 St. Ingbert Tel.: +49 (0)6894-909-0 www.voit.de

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