OEM&Lieferant Ausgabe 2/2020

63 Engineering in der Entwicklung wie auch im Automobilbau ist gemessen an der Zahl der Patente immer noch weltweit Benchmark. Da kommt keiner dran – weder die Ameri- kaner, noch die Chinesen, noch die Koreaner. Jedes chinesische, jedes koreanische Unter- nehmen hat in seiner Führungsspitze min- destens eine Handvoll deutscher Ingenieure. Entwicklungszentren namhafter asiatischer Hersteller sind in Deutschland beziehungs- weise in Europa angesiedelt. Warum? Hier hat man den direkten Zugriff zu den Ingenieuren in denWerken in Rüsselsheim, Stuttgart oder München sowie den Zugang zu unseren Tech- nischen Universitäten in Aachen, München oder Berlin. China setzt als größter Automarkt auf den Ausbau der Quote von E-Autos. Die Bun- deskanzlerin hatte mal das Ziel von einer Million E-Autos in Deutschland ausgege- ben. Was ist daran falsch? Es ist nicht falsch, Ziele und Visionen zu for- mulieren, aber diese sollten doch realistisch sein. Eine Million E-Autos in dieser Zeit auf die Straße zu bringen war und ist unrealis- tisch. Natürlich ist es für die Chinesen einfa- cher, einen Elektromotor zu bauen, weil der aus nur maximal 200 Teilen besteht. Ein kom- plexer Sechs- oder Acht-Zylinder-Motor mit Einspritzsystemen umfasst hingegen knapp 3.000 Teile. Ein Acht-Gang-Getriebe von ZF, das 2008 auf den Markt kam und immer noch weltweit das Spitzenprodukt darstellt, wird jetzt inzwischen auch in Asien nachgebaut. Und was die Politik angeht: Es ist immer ein- facher auf das Pferd zu setzen, das den größ- ten Schatten macht, und das ist im Moment nun mal die Elektromobilität. Aber ich sage: Wir werden den Turnaround beimElektroauto trotz der Prämien in den nächsten Jahrzehnten nicht bekommen. Das zeigen schon die Dimen- sionen. Wir haben in Deutschland 44Millionen Pkw auf den Straßen. Im Moment laufen die Zulassungszahlen natürlich extrem unter- tourig, aber bei drei Millionen Zulassungen im Schnitt pro Jahr, von denen acht bis zehn Prozent Elektroautos und davonwiederum60 Prozent Plug-inHybride sind, wird sehr schnell klar, dass es der Plug-in-Hybrid ist, der für die nächsten zehn bis 15 Jahre das optimale An- triebssystem sein wird. Und danach: Wasserstoff? Ganz richtig! Das ist der nächste Antriebs- rohstoff, der bereits jetzt in den Startlö- chern steht. Dies haben wir von autoregion e.V. schon vor drei Jahren gesagt. Inzwischen sagen dies viele Experten, wenn auch nicht immer in der Öffentlichkeit. Schließlich setzt die Politik auf E-Mobilität. Wir begrüßen es daher, dass Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier endlich die Wasserstoffstrategie des Bundes auf den Weg gebracht hat. Denn alle Automobilhersteller haben Wasserstoff- modelle im Angebot oder in der Planung und fahren schon mit Prototypen. Dies zeigt, die Industrie ist gerüstet, nur der politische Wille und die klare Aussage fehlt! Mit Wasserstoff wäre der ÖPNV (Busse) wie auch der Schwer- lastverkehr optimal geeignet, einen großen Beitrag zur Reduzierung von CO² zu leisten. Mercedes, BMW, Audi, Toyota, Kia-Hyun- dai – alle haben Wasserstoffmodelle in der Pipeline, selbst wenn diese im Moment noch verhältnismäßig teuer sind. Doch der Vorteil ist: Man fährt mit einer Tankfüllung 600 bis 800 Kilometer und ist genauso schnell be- tankt wie ein Benziner. Woran es krankt ist nicht der fehlende Wille, ein Tankstellennetz aufzubauen, dazu gibt es das Konsortium H 2 Mobility, welches schon über 70 H2-Tankstel- len gebaut hat und betreibt. Das Problem sind die Genehmigungsbehörden, wie zumBeispiel in Saarbrücken, wo die Investoren zwei Jahre auf eine Genehmigung gewartet haben. Was- serstoff ist im Vergleich genauso teuer wie Super-Benzin, ist sicher in der Handhabung und zudem recht schnell hergestellt, wenn, wie gesagt, die Genehmigungsbehörden mit- spielen! Vom Diesel redet keiner mehr, oder wenn, dann nur sehr leise, obwohl der noch vor dem Skandal als die umweltfreundlichere Alternative galt. In erster Linie war dies ja ein VW-Skandal. Nun kommt es darauf an, in der Öffentlichkeit noch einmal die Vorzüge des Diesels mit Plug- in-Hybrid als die optimale Antriebsart, die von allen deutschen Herstellern angeboten wird zu verdeutlichen, auch wenn E-Mobili- tät schick und politisch gewollt ist. Am Ende sind es doch die Verbraucher, die entscheiden müssen, was ihrem Bedarf am besten ent- spricht. Der Markt wird es also hoffentlich auch dieses Mal richten. Fakt ist: Elektromo- bilität ist und bleibt eine Übergangstechnolo- gie, die für den urbanen Nahbereich geeignet ist, also als idealer Zweitwagen zum Einkau- fen, um Kinder in die Schule zu bringen und Ähnliches. Was bedeutet diese ganze Diskussion für das Autoland Saarland? Die großen Unternehmen, die hier ansässig sind, sind alle verlängerte Werkbänke. Das heißt, wenn von einem Automobilhersteller ein Produkt angefragt wird, gibt es in den Zu- lieferkonzernen eine interne Ausschreibung, bei dem jedes Produktionswerk ein Ange- bot abgeben muss. Das deutsche Werk ist in der Regel das teuerste. Und das Problem ist, dass die deutschen Werke zwar höchste Qualität liefern, die Werke im Weltverbund inzwischen aber auch anstreben, den Qua- litätsstandard herzustellen. Der Material- einsatz ist der gleiche, aber der Mitarbeiter an der Linie ist im Ausland billiger, und oft ist auch die Robotik in den Auslandswerken schon weiter umgesetzt. Wenn keine Abrufe vorhanden sind, weil das Produkt aus Saar- brücken oder Homburg zu teuer ist, kann sich kein Unternehmen leisten, weiterhin diese hohe Zahl an Mitarbeitern in diesen Werken zu beschäftigen. Das müssen dann auch die Gewerkschaften einsehen. Lohnkosten sind eine wahnsinnige Stellschraube, die einzige Stellschraube. Das beginnt dann schon beim Rohprodukthersteller, der zum Beispiel den Edelstahl für die Injektoren oder Zahnräder liefert. Da ist schon das Grundprodukt aus Deutschland zu teuer, weil die Mitarbeiter zu teuer sind. Es wird also weitere Kapazitäts- anpassungen geben … Quelle: FORUM Agentur für Verlagswesen, Werbung, Marketing und PR GmbH Deutschmühlental/Am Deutsch-Französischen Garten 66117 Saarbrücken, Deutschland Weiterlesen … https://t1p.de/es5n

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