OEM&Lieferant Ausgabe 2/2020

44 Automatisierung Manufacturing-as-a-service- Plattformen: gibt es doch disruptive Geschäftsmodelle? Von Dr.-Ing. Olaf Sauer, Geschäftsfeld Automatisierung/Stellvertreter des Institutsleiters, Fraunhofer Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB), Karlsruhe Im Zusammenhang mit der zunehmenden Digitalisierung wird auch immer wieder von Disruption gesprochen, also von umwälzenden Änderungen der Unternehmenslandschaft, neuen Geschäftsmodellen und völlig neuen Produkt- oder Serviceangeboten. In der Produktion und ihrer Automatisierungstechnik erweisen sich die durch Industrie 4.0 induzierten Veränderungen eher als Evolution denn als Disruption [1] , weil Produktionsanlagen über lange Zeiträume abgeschrieben werden, Investitionssicherheit erforderlich ist und Ingenieure vielfach nach dem Motto handeln: „Never change a running system.“ Bei den F&E-Arbeiten zu unserem SmartFac- toryWeb [2] (SFW), einer industriellen Platt- form für Smarte Fabriken, das gleichzeitig offizielles Testbed des Industrial Internet Consortiums (IIC) ist, sind die Entwickler des IOSB zu dem Schluss gekommen, dass diese Plattformen tatsächlich disruptive Wirkun- gen für die Fertigungsindustrie haben kön- nen. SFW zielt darauf, Verbesserungen in der Wertschöpfung durch flexiblen Ausgleich von Kapazitäten zwischen den Smart Factories der Plattform zu erzielen. Dazu registrieren sich die Fabriken im SFW-Portal und eröffnen somit Kunden eine Suche nach geeigneten Produktionskapazitäten. Inzwischen verfügt SFW auch über Funktionen zur Verwaltung von Lieferketten und -netzwerken. Da Pro- duktionsunternehmen meist auf Zulieferer angewiesen und über mehrere Standorte ver- teilt sind, ist diese Funktionalität ein wichtiger Schritt, um Verbesserungen und Verhandlun- gen über Unternehmensgrenzen hinweg zu erreichen. Inzwischen haben sich am Markt diverse Ma- nufacturing-as-a-Service-(MaaS-)Plattfor- men etabliert, die die Herstellung von Teilen – aktuell meist noch NC-Bearbeitung, 3D- Druck oder Herstellung von Blechteilen – als Dienstleistung anbieten. Fertigungsunterneh- men werden Teil solcher Plattform, indem sie ihre Ressourcen und damit die Fertigungska- pazitäten zur Verfügung stellen; die Plattform übernimmt alle administrativen Tätigkeiten: auf Basis der vom Kunden bereitgestellten 3D-Daten kalkuliert die Software automatisch den Preis sowie den Liefertermin und vergibt den Fertigungsauftrag an eine seiner ange- schlossenen Fabriken. Der Endkunde hat somit keinen Kontakt mehr mit dem Fertigungs- unternehmen, sondern lediglich mit der Platt- form. Die Plattform übernimmt außerdem die komplette Logistik und – falls bei einem Ferti- ger Investitionen in Kapazitätserweiterungen erforderlich sind – auch deren Finanzierung. Bild/Grafik: © IOSB Legende: Laufzeitbezogene Daten Konfigurations- und Assetdaten Aktivität Objekte der Klasse Auftrag Objekte der Klasse Produkt Objekte der Klasse Ressource Logistik-/Lieferdaten Termine Dokumentation Daten zur Ressourcenbelegungsplanung Planungs- und Steuerungsalgorithmen Kundenanfragen, Teilegeometrie, Stückzahl, Qualität, Toleranzen, Termine, etc. MaaS-Plattform, SFW, etc. Fertigungs- aufträge Fertigung, Montage Rohmaterial Lieferfähige Teile Maschine Inbetriebnahme Auftragsunabhängige Komponenten, z.B. Spindel, KGT Auftragsabhängige Komponenten, z.B. Werkzeuge, NC- Programme Materialdaten Lieferdaten Asset-Modelle Asset-Modelle auf Instanzebene Asset-Modelle, Informationsmodelle Lebensdauer-/TCO- Daten BDE/MDE ML-Modelle QS-Daten Energiedaten IDS IDS Connector IDS Connector IDS Connector IDS Connector IDS Connector IDS Connector IDS Connector IDS Connector IDS Connector IDS Connector Beschreibung eines möglichen Anwendungsfalls (Notation entsprechend https://de.wikipedia.org/wiki/Integrierte Unternehmensmodellierung)

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