OEM & Lieferant Ausgabe 2/2019 - OEM & Supplier 2/2019 by VEK Publishing

78 Projektmanagement Integrierte Projektabwicklung Die Chance zur Optimierung der Projektabwicklung im Bauwesen Von Dipl.-Ing. Architekt Thomas Bahnert, Teamleiter/Honorarsachverständiger und Dipl.-Ing. Mathias Heiser, Geschäftsleiter, THOST Projektmanagement GmbH Die Herausforderungen bei der Realisierung von Bauprojekten sind vielseitig. Gemessen am Erreichen der Termin-, Kosten- und Qualitätsziele werden diese in vielen Projekten nicht vollständig erfüllt. Die Ursachen liegen oft schon in der Projektplanungs- oder in der Projektstrukturierungsphase. Meistgenannte Gründe hierfür sind: unrealistische Budget- und Terminvorgaben, die Reduzierung der Eignungskriterien im Beschaffungsprozess auf den Preis, Ver- gaben von Bauleistungen ohne abgeschlossene Planung, mangelnde Kommunikation, massive Risikoverlagerung vom Bauherrn auf die Projektpartner sowie konfrontativ statt kooperativ gestaltete Projektverträge. In Summe führt dies zu Situationen, in der die Projektbeteiligten unterschiedliche Projekt- ziele verfolgen. Hat der Bauherr die kosten- und fristgerechte Errichtung des Bauwerkes als primäres Projektziel, so liegt die Interes- senslage bei den Projektpartnern aufgrund der vorgenannten Umstände häufig eher auf demeigenenwirtschaftlichen Erfolg und einer damit verbundenen starken Leistungs- und Risikoabgrenzung. Das übergeordnete Pro- jektziel, die Errichtung des Bauwerkes, gerät dabei aus dem Fokus. Ein weiterer negativer Aspekt ist die damit einhergehende Projekt- kultur, die von gegenseitigemMisstrauen und starker Fokussierung auf die eigenen Interes- sen geprägt ist. In der Veränderung der oben benannten Strukturen und Vorgehensweisen liegt ein immenses Potenzial zur Optimierung der Pro- jektabwicklung. Einen Lösungsansatz bietet die Integrierte Projektabwicklung (IPA). Bei der IPA handelt es sich um eine Projektorga- nisationsform, die auf einer partnerschaft- lichen Kollaboration, dem „Partnering“, aller Projektbeteiligten basiert. Der Egan Report „Rethinking Construction“ von 1998 definiert Partnering wie folgt: „Partnering umfasst zwei oder mehr Organisationen, die zusam- menarbeiten, um die Leistung zu verbessern, indem sie gemeinsame Ziele vereinbaren, einen Weg zur Beilegung von Streitigkeiten finden und sich zur kontinuierlichen Verbes- serung, zur Messung des Fortschritts und zum Teilen von Gewinnen verpflichten.“ Danach sind gegenüber konventionellen Projekten bei Partnering-Projekten deutliche Kostensen- kungen und Zeitverkürzungen möglich, ohne Nachteile für die Beteiligten, was Erfahrungen insbesondere aus Großbritanien belegen. Doch was bedeutet IPA im Konkreten? Abbil- dung 1 bietet hierzu einen Überblick. Das Partnering ist die wesentliche Grundlage der IPA. Diese hat ihre Entsprechung im Mehr- parteienvertrag, der die vertragliche Grund- lage für die Projektbeteiligten bildet. Dieser ist ein Projektvertrag, in den allewesentlichen Projektbeteiligten sehr früh im Projekt (idea- lerweise bis zum Abschluss der HOAI-Lph. 1) eintreten. Dies sind der Bauherr inkl. Projekt- steuerung, die Planer sowie die wesentlichen bauausführenden Schlüsselgewerke. Letztere haben in der Planungsphase eine beratende Funktion, um die Planung hinsichtlich der Bau- ausführung zu optimieren. Die aus dieser Vor- gehensweise resultierende Fragestellung zur Konformität mit dem Vergaberecht kann mit Verweis auf die Untersuchungen der Initiative Teambuilding positiv beantwortet werden. Bild: © BillionPhotos.com/stock.adobe.com

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