OEM & Lieferant Ausgabe 2/2019 - OEM & Supplier 2/2019 by VEK Publishing

14 Kfz-Teilemarkt Neue Rahmenbedingungen für den Kfz-Ersatzteilmarkt OEM&Lieferant sprach mit Hartmut Röhl, Präsident des Gesamtverbandes Autoteile-Handel e.V., über aktuelle Entwicklungen in seiner Branche Der Gesamtverband Autoteile-Handel e.V. ist der Branchenverband und die politische Interessenvertretung des freien Kfz-Teile-Großhandels in Deutschland. Seine Mitgliedsunternehmen repräsentieren rund 80 Prozent des Um- satzes im freien Kfz-Teilegroßhandel. Die Automobilindustrie schwä- chelt deutlich. Nicht nur in Europa und Nordamerika gehen Pro- duktions- und Zulassungszahlen zurück. Erstmals zeigt auch der wachstumsverwöhnte chinesi- sche Markt deutliche Einbußen. Eine aktuelle Studie der Unter- nehmensberatung EY sieht die Branche weltweit vor einem Kri- senjahr. Inwieweit ist von dieser Entwicklung auch der hiesige Kfz-Aftermarket betroffen? Hartmut Röhl: Auchwir beobachten die sich abschwächende Gesamt- konjunktur mit gewisser Sorge. Allerdings ist der Aftermarket von Konjunkturschwächen i.d.R. nicht in dem Umfang betroffen, wie dies etwa bei den Neufahrzeugen der Fall ist. Rückläufige Neuzulassungs- zahlen erhöhen naturgemäß das Durchschnittsalter des Fuhrparks. Autofahrer investieren in den Erhalt ihres Fahrzeugs, wenn sie sich kein neues kaufen können oder möch- ten. Und das ist wiederum gut für das Ersatzteilgeschäft. Langfristig gesehen profitiert unser Geschäft aber natürlich von einem wachsen- den und gesunden Automobilmarkt. Der Vorstandsvorsitzende von VW Herbert Diess hat kürzlich angekündigt, am Ende der nächs- ten Dekade sei fast jeder zweite Volkswagen ein Elektroauto. Und er steht nicht alleinmit dieser Einschätzung. Welche Folgen hat der Trend zur Elektro- mobilität für ihre Mitgliedsunternehmen und wie bereiten sie sich darauf vor? Hartmut Röhl: Das Automobil wurde in den letzten 100 Jahren stetig weiterentwickelt. Wandel gab es also immer, wenngleich die Ent- wicklungen immer schneller voranschreiten und die Innovationszyklen immer kürzer wer- den. Der Autoteilehandel hat all diese Phasen begleitet und sich immer wieder an die verän- derten Rahmenbedingungen angepasst. Dass die Entwicklung hin zur E-Mobilität uns alle vor ganz besondere Herausforderungen stellt, kann indes nicht bestritten werden. Experten gehen von geänderten Teilesortimenten als Folge der E-Mobilität aus. Neue Segmente werden entstehen, die Bedeutung anderer wird schrumpfen. Das Ersatzteilgeschäft rund um den „klassischen“ Antriebsstrang wird zweifellos zurückgehen. Segmente wie z.B. Fahrgestell-Teile und Bremsen bleiben erhalten, andere Bereiche, wie die Kühlung, werden immer wichtiger. Wir sind alle gefor- dert, unsere Geschäftsmodelle grundsätzlich zu überdenken und sie dabei auch den neuen Kundenerwartun- gen anzupassen. Wir beobach- ten einen Paradigmenwechsel im Verbraucherverhalten. Nicht mehr einzelne Produkte oder Dienstleistungen werden nach- gefragt, viele Kunden wünschen sich stattdessen umfassende Mobilitätspakete. Deren Um- fänge gehen über das klassische Leistungsportfolio des Kfz-Er- satzteilmarktes hinaus. Unsere Mitgliedsunternehmen werden sich stärker in die Rolle von Mo- bilitäts-Ermöglichern entwickeln. Und diese Rolle eröffnet neue Geschäftsmodelle und damit auch Marktchancen. Die Gefahr für die etablierten Marktteilnehmer liegt nicht erster Linie in der technolo- gischen Veränderung der Fahr- zeuge, sondern sie besteht eher darin, an klassischen Aufgaben und Rollen festzuhalten. Wer das tut und keine neuen Geschäfts- modelle entwickelt, wird es wohl schwer haben. Produkte und Dienstleistungen rund umdas vernetzte Fahrzeug werden zu einem immer wichti- geren Marktsegment mit erheb- lichemWachstumspotential, an dem auch Ihre Mitgliedsunter- nehmen angemessen partizipie- ren wollen. Dem stehen jedoch die Fahrzeughersteller imWege, die sich den Zugang zu den Daten im Fahr- zeug mittels proprietärer Vernetzungs- lösungen exklusiv sichern möchten. Was muss passieren, um diesen Markt für ihre Mitgliedsunternehmen zu öffnen? Hartmut Röhl: Bereits mit der eCall-Verord- nung hat der europäische Gesetzgeber auf mögliche Gefahren der Monopolisierung von Fahrzeugdaten durch die Fahrzeug- hersteller reagiert und Ziele aufgestellt, wonach die Wahlfreiheit der Kunden und faire Wettbewerbsbedingungen auch bei Bilder: © Gesamtverband Autoteile-Handel e.V. Hartmut Röhl

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