OEM&Lieferant 1/2024

18 Die Digitalisierung geht weiter! Vor Industrie 4.0 war die Welt noch ‚in Ordnung‘: Produktion und IT waren zwei voneinander getrennte Welten. Die Automatisierungs-Pyramide bildete den Common-Sense ab: die Feldebene mit den Fertigungs-, Montage und Materialflussprozessen, Sensoren, Aktoren, Steuerungen und ihre Echtzeitkommunikation waren weitgehend autark von überlagerten IT-Systemen, natürlich auch vom Internet. Auf der ERP- und der MES-Ebene gab es eigenständige Systeme mit abgegrenzten Funktionalitäten. Mit dem Aufkommen Cyber-physischer Systeme, dem Internet-of-Things, der durchgängigen Vernetzung „vom Sensor in die Cloud“ und kollaborativen Ansätzen beim Datenaustausch haben sich Architektur, das Zusammenspiel und die Verantwortlichkeiten von IT und OT komplett verändert: IT durchdringt Feldgeräte und Maschinen immer stärker. Der Zugriff auf Daten von Feldgeräten und Maschinen innerhalb von Fabriken ist inzwischen Standard, und zwar über alle Ebenen der ehemaligen Automatisierungspyramide. Aus dem Ebenenmodell ist ein Netzwerk geworden, mit Geräten, die wie selbstverständlich mit dem Internet verbunden sind. Viele Unternehmen nutzen Daten aus Maschinen, Anlagen und verbessern so stetig ihre Kennzahlen. Der nächste Schritt ist, Daten über den kompletten Lebenszyklus von Produkten und Anlagen zu sammeln und auszuwerten, und das im Austausch mit anderen Unternehmen: Zulieferern, Kunden, Ausrüstern. So lassen sich weitere Potenziale heben, beispielsweise  im Engineering, um Produktionsanlagen und ihre Digitalen Zwillinge zu testen und schnell in Betrieb zu nehmen,  entlang der Lieferkette, um z.B. lückenlose Rückverfolgbarkeit zu ermöglichen oder  um Produktionsprozesse zu verbessern, z.B. indem Prozessparameter aufgrund verschiedener Gegebenheiten oder Messwerte schnell angepasst werden. Digitalisierung Datenökosysteme für die Produktion – der nächste Schritt der Digitalisierung Von Dr. Olaf Sauer, Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung, Karlsruhe) Deutschland hat eine starke industrielle Basis. Es verfügt über weltweit anerkannte Kompetenzen bei Anlagenbetreibern, im Maschinen- und Anlagenbau, in der Elektro- und Automatisierungsindustrie, der Mikroelektronik und bei eingebetteten Systemen, in der produktionsnahen IT bis hin zur kompletten Systemintegration. Kaum ein anderes Land der Welt hat dieses breite Spektrum von Know-how und Erfahrung. Nur Wertschöpfung schafft Wohlstand! Über viele Jahre waren die Auftragsbücher voll und die Entwicklungs- und Produktionskapazitäten ausgelastet. Die Frage ist: wird das auch in der Zukunft so sein und: wie kann die deutsche Industrie ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten oder sogar noch verbessern? Welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung? Viele Firmen haben in den Jahren seit dem Beginn von „Industrie 4.0“ Schritte in die Digitalisierung gemacht, mehr oder weniger erfolgreich; viele proprietäre Lösungen blieben hinter den Erwartungen zurück. Entsprechend zurückhaltend sind die Unternehmen nun. Damit bleiben sie aber hinter den mit der Digitalisierung verbundenen Potenzialen zurück, z.B. für zusätzliche datenbasierte Dienstleistungen rund um Fabriken, Maschinen und Komponenten und verpassen möglicherweise wichtige Chancen. Tatsächlich ist Digitalisierung für alle Branchen des produzierenden Gewerbes ein strategisches Muss. Egal ob Fabrikbetreiber, Maschinenbauer, Komponentenlieferant oder Automatisierungsanbieter: Digitale Zwillinge, Künstliche Intelligenz, industrielle Datenräume und Datenaustausch über Unternehmensgrenzen hinweg sind die Themen der Zukunft. Das Fraunhofer IOSB entwickelt und liefert seit Jahrzehnten wegweisende Lösungen für die industrielle Automatisierung und Digitalisierung. Zwar haben sich die Schlagworte und Moden über die Jahre verändert; die Aufgabenstellungen sind jedoch ähnlich: heterogene Signale und Daten aus industriellen Prozessen sammeln, kommunizieren, verarbeiten und mit modernen Werkzeugen der Softwareentwicklung in komplexen IT-Komponenten und -Systemen aufbereiten, auswerten und interpretieren. Bilder: © IOSB

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