OEM&Lieferant Ausgabe 1/2023

68 Dr. Müller: Viel schlimmer hätte es kaum kommen können. Krieg in Europa, Energiekrise, Klimawandel, Wirtschaftskrise und Inflation sind die neuen Determinanten wirtschaftlichen Handelns geworden. Was heißt das für Ihre Branche? Marion Plocher: Wenn es in meiner Branche – der Automobilindustrie – eine feste Entwicklungsgröße gibt, dann ist es die permanente Veränderung. Allerdings ist der aktuelle Transformationsprozess mit den gegebenen Rahmenbedingungen die wohl komplexeste Herausforderung und nur schwer mit Strukturveränderungen der Vergangenheit zu vergleichen. Zumal die Unternehmen schwer mit dem steigenden Fachkräftemangel belastet sind und mittlerweile weltweit um Talente im Wettbewerb stehen. Leider müssen wir gerade in dieser Phase feststellen, dass die Risikobereitschaft von Kandidaten zu einem Arbeitgeberwechsel schwindet und das Bedürfnis nach Sicherheit zunimmt. Dies gilt auch für die lokale Veränderungsbereitschaft. Insoweit wird die Kandidatensuche lokaler. Die noch von der Wirtschaftswunderzeit geprägten Patriarchen haben das Spielfeld längst verlassen. Nun gehen langsam die Babyboomer in Rente. Was bedeutet dies für Ihre Branche und für den Führungskräftemarkt? Marion Plocher: Zunächst einmal handelt es sich um einen notwendigen und wichtigen Generationswechsel. Die Generation, die jetzt antritt, ist jedoch in ihrer Entwicklung durch völlig andere Faktoren in ihren Werten und Vorstellungen geprägt. Globalisierung, Digitalisierung, die Durchdringung der Arbeitswelt mit IT sind normale Arbeitsbedingungen für diese Generation, die im Übrigen von einem wesentlich umfassenderen und internationalen Bildungsangebot profitieren konnte. Jede Führungskräftegeneration hat ihr eigenes Wertegefüge im Hinblick auf Arbeits- und Lebensgestaltung. Wo liegen nach Ihren Erfahrungen die Schwerpunkte bei denjenigen, die für die Übernahme von Führungspositionen in den Startblöcken stehen? Marion Plocher: Nach meinen Erfahrungen stehen soziale bzw. verhaltensorientierte Kompetenzen und Werthaltungen nahezu gleichbedeutend neben fachlichen Fähigkeiten. In erster Linie denke ich dabei an Empathie und Resilienz. Menschen wollen nicht nur in ihrer wirtschaftlichen Dimension als Arbeitnehmer, sondern umfassend in ihrer sozio-ökonomischen Bedürftigkeit respektiert und wertgeschätzt werden. Deshalb steht die Kommunikationsfähigkeit und -intensität ganz oben auf der Werteskala. Work-Life-Balance ist dabei kein leeres Schlagwort, sondern integrales und unverzichtbares Element von Lebens- und Arbeitswirklichkeit. Haben unsere Unternehmen den Zeitgeist erfasst und sich selbst in die Lage versetzt, um auf geänderte Werte und Mentalitäten zu reagieren oder sind sie noch zu stark tradierten Vorstellungen verhaftet? HR Consulting Führungskräftemarkt im Wandel Dr. Rudolf Müller, freier Journalist, sprach mit Marion Plocher, Geschäftsführende Gesellschafterin der Plocher Executive Find GmbH, Stuttgart Authentizität, Empathie und Leidenschaft sind die drei Grundwerte, die das Handeln der Plocher Executive Find GmbH aus Stuttgart bestimmen. Bestens vernetzt vor allem in der Automobil- und Zulieferindustrie und mit einer mehr als zehnjährigen Erfahrung unterstützt das Beratungsunternehmen sowohl Großunternehmen als auch mittelständische Betriebe bei der Besetzung von Fach- und Führungskräftepositionen in einem Markt, der sich wie die gesamte Automobilbranche im tiefgreifenden Wandel befindet. Bild: © Plocher Executive Find GmbH/Noah Benjamin

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