OEM&Lieferant Ausgabe 1/2023

12 Recht Die Richtline zur Haftung für künstliche Intelligenz Von Dr. Paul Klickermann, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Lehrbeauftragter der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) In der Automobilindustrie nimmt die Künstliche Intelligenz (KI) an Bedeutung zu, da die Hersteller das Potenzial durch den Einsatz von KI-Systemen erkannt haben. Das Risiko für den Einsatz liegt aber insbesondere in der Haftung. Auf europäischer Ebene werden hierzu Vorschläge entwickelt. Die Digitalstrategie der EU-Kommission macht deutlich, wo die Reise bei der KIHaftung hingeht. Am 28.09.2022 hat die EU-Kommission einen Entwurf einer Richtlinie über die Haftung für Künstliche Intelligenz vorgelegt, COM (2018) 795 final (Haftungsrichtline). Diese Richtlinie reiht sich ein in den bereits veröffentlichten Entwurf der KI-Verordnung (VO) über die verschuldensabhängige und die deliktische Haftung für Schäden, die durch KI-Systeme verursacht werden. Zum gleichen Zeitpunkt hat die EU-Kommission einen Entwurf zur Anpassung der Produkthaftungsrichtlinie vorgelegt. Die Befürchtung hat sich bislang nicht bestätigt, dass eine verschuldensunabhängige Haftung für den Betrieb von KI bzw. eine sonstige KI-Gefährdungshaftung in Betracht kommen könnte. Wichtig ist zu wissen, dass sich die Haftungsrichtline nur auf außervertragliche, verschuldensabhängige Schadensersatzansprüche bezieht. Die strafrechtliche Haftung ist nicht umfasst. Die Kernregelungen der Haftungsrichtlinie betreffen die Beweislast in nationalen Ge- richtsprozessen. So wird eine Offenbarungspflicht von Beweismitteln für die Anbieter von Hochrisiko-KI-Systemen geregelt (Art. 3). Den Geschädigten soll geholfen werden, neben den üblichen Beweismitteln auch potenziell haftende Personen zu ermitteln. Auf Antrag kann die Offenlegung angeordnet werden. Antragsberechtigt sind nicht nur der Kläger, sondern auch potenzielle Kläger, wenn sie die Anbieter und Nutzer von Hochrisiko-KISystemen erfolglos aufgefordert haben, die Beweismittel offenzulegen. In solchen Fällen ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu wahren, der die berechtigten Interessen aller Parteien berücksichtigen muss. Gerade die Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen auf der Seite des Anbieters wird ein sensibles Problem bleiben. Kommt der Beklagte der Anordnung nicht nach, soll die widerlegbare Vermutung gelten, dass die Sorgfaltspflicht verletzt ist. Weiterhin wird in der Haftungsrichtlinie eine widerlegbare Kausalitätsvermutung zwischen dem Verschulden des Beklagten und dem hervorgebrachten Ereignis geschaffen. Hier sind alle KI-Systeme erfasst nicht nur Hochrisiko-KI-Systeme. Dies soll zu Erleichterungen bei der Beweisführung des Geschädigten führen. Kumulativ muss das Verschulden durch den Kläger nachgewiesen werden, das Verschulden des Beklagten und dem hervorgebrachten Ereignis plausibel sein und zuletzt der Nachweis für die Kausalität zwischen hervorgebrachtem Ereignis und dem Schaden geführt werden. Die Auswirkungen auf das deutsche Deliktrecht halten sich in Grenzen. Die sogenannte haftungsausfüllende Kausalität wird zur Voraussetzung der Kausalitätsvermutung gemacht. Es wird sichergestellt, dass die Vermutung nur bei Beweisschwierigkeiten zum Tragen kommt. Eine verschuldensunabhängige Haftung von KI-Herstellern ist zwar schon in der Produkthaftungsrichtlinie vorgesehen, jedoch ist das Meinungsbild noch nicht abgeschlossen. Aus diesem Grunde wird es noch einige Zeit dauern, bis die Digitalstrategie der EU-Kommission, die zum Ziel hat, das Haftungsrecht auf Unionsebene zu harmonisieren, greift. Bild: © Kai Myller Dr. Paul Klickermann klickermann@it-anwalt-kanzlei.de Kläner Rechtsanwälte www.it-anwalt-kanzlei.de Dr. Paul Klickermann Rechtsanwalt, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Kläner Rechtsanwälte, Koblenz, Lehrbeauftragter der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU)

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