OEM & Lieferant Ausgabe 1/2022

11 Lautet also die alles entscheidende Erfolgsfrage: „Wohin mit dem automobilen Elektroschrott?“ Bisher wird von einer durchschnittlichen Funk t ionsdauer der E-Auto-Bat ter ie von acht bis zehn Jahren ausgegangen. Dem zugrunde liegt die Annahme von circa 500 bis 1.000 Ladevorgängen, einer durchschnittlichen Reichweite von 100 Kilometer pro Ladevorgang, was dann einer Laufleistung von 50.000 bis 100.000 Kilometer entspricht. In dieser Größenordnung bewegen sich auch die Herstellergarantien auf Elektroauto-Akkus. Nahezu alle Hersteller garantieren eine Lebensdauer von acht Jahren und eine Laufleistung von 160.000 bis 240.000 Kilometer. Diese Angaben dürften allerdings die Basis weiterer Ef fizienzgewinne im Hinblick auf Reichweite und Lebensdauer sein, da alle Hersteller intensiv an der Leistungssteigerung der Akkus forschen. Eine Lebensdauer von 15 Jahren erscheint nicht ausgeschlossen. Spricht man von Lebensdauer der E-AutoBatterie, ist damit in der Regel die Zeitdauer gemeint, innerhalb derer ihre Leistungsfähigkeit für einen Einsatz im Auto ausreicht. Nach circa 2000 bis 2500 Ladevorgängen haben die derzeit verwendeten Akkus immer noch einen Energieinhalt von 70 bis 80 Prozent ihrer zu Beginn ihres Lebenszyklus vorhandenen Kapazität. Das heißt, dass sie nicht zwingend zu entsorgen sind bzw. dass eine Weiterverwendung im stationären Betrieb – im sogenannten „Second Life“ – sowohl ökonomisch als auch ökologisch durchaus sinnvoll sein kann. Pilotbetriebe, in denen zusammen  Wir sind die Vertretung der unternehmerischen Interessen der Fahrzeugbranche  Wir bündeln die Kräfte der Großregion  Wir setzen gezielt auf Kooperationen mit den bestehenden Einrichtungen  Wir fördern die enge Zusammenarbeit mit den bestehenden Kompetenz-Clustern  Wir koordinieren und vernetzen die bestehenden Cluster (z. B. bei Veranstaltungen)  Wir betreiben aktive Öffentlichkeitsarbeit für die Branche autoregion e.V. https://t1p.de/9zqv Ansprechpartner https://t1p.de/xp0v8 Termine https://t1p.de/v3se Pressemeldungen https://t1p.de/tr5k Teilen geschaltete Alt-Akkus als stationäre Stromspeicher für Solar- oder Windenergie genutzt werden, sind interessante Ansätze. Allerdings fehlen nach wie vor systematische Geschäf tsmodelle, die innerhalb einer Kreislaufwirtschaft eine ökonomisch sinnvolle Zweitverwertung von Alt-Akkus in größeren Mengen sinnvoll erscheinen lassen. Und es bestehen angesichts nicht vorhandener Standardisierungen sowohl im konstruktiven Design als auch bei den technischen Leistungsdaten – im Gegensatz zu den in Verbrenner fahrzeugen verwendeten Autobatterien- berechtigte Zweifel an der systematischen Entwicklung effizienter „Second Life“ –Systeme. Wären diese vorhanden, würde sich die Gesamtlebensdauer einer E-Auto-Batterie um circa zehn bis zwölf Jahre auf insgesamt rund 20 Jahre verlängern. Diese Annahme sollte jedoch nicht den trügerischen Eindruck erwecken, man könne sich mit der Lösung der Entsorgungsproblematik noch Zeit lassen. Einer der wesentlichen Gründe, sich beschleunigt damit zu befassen, sind die hohen Kosten für die Beschaffung der erforderlichen Rohstoffe. Die heute gängigen Lithium-Ionen-Akkus bestehen zu einem großen Teil aus Aluminium, Stahl oder Kunststoffen und sie werden produziert unter Verwendung von Rohstoffen wie Lithium, Mangan, Kobalt, Nickel und Graphit. Insbesondere Kobalt und Lithium sind nur begrenzt verfügbar beziehungsweise schwer zu gewinnen. Experten rechnen vor allem bei Kobalt wegen seiner Bedeutung für die Herstellung elektrischer Geräte in den kommenden Jahren mit einer Angebotsverknappung wohingegen Lithium wegen seiner umweltbelastenden Auswirkungen beim Abbau in die Kritik geraten ist. Dies lässt die Rückgewinnung wertvoller Rohstoffe im Recyclingprozess für die Zukunft als nahezu zwingend erscheinen. An der technischen Machbarkeit des Recyclings von E-Auto-Batterien besteht kein Zweifel. Bei der Wiedergewinnung von Kobalt und Nickel erziele man nach Aussage von Denis Stijepic vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung bereits beachtliche Ergebnisse, wohingegen bei Lithium, Graphit und Mangan noch deutliche Entwicklungspotentiale bestünden. Entscheidend seien für die Ergebnisse des Recyclingprozesses, welche Qualität und Menge man bei welchen Kosten und Umweltbedingungen erzielen könne. Noch ist die Beschaffung der Rohstoffe auf den Weltmärkten die unter Kostengesichtspunkten günstigere Alternative gegenüber einem geregelten und analytischen Recyclingprozess. Aber auch hier wird die begrenzte Verfügbarkeit die Vorzeichen der Kostenrechnung verändern. Diese Erkenntnis treibt nahezu alle Fahrzeughersteller – vornweg VW und Tesla- bei der Entwicklung eigener Recyclingver fahren. Nach allgemeinen Schätzungen könnte der Anteil recycelten Materials bei der Herstellung von Elektro-Akkus 2050 bei rund 40 Prozent liegen. Die damit verbundenen Geschäf tsaussichten rufen auch Unternehmen auf den Plan, die ihre Wurzeln nicht im traditionellen Automobilgeschäft haben. Auf der Strecke bleiben die klassischen automobilen Zulieferunternehmen. Eine von PwC im Auftrag von CLEPA, dem europäischen Verband der Zulieferer, erstellte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Verarbeitung von Batteriewerkstoffen ein fundamental unterschiedliches Knowhow sowohl bei den Produkten als auch den Produktionsverfahren erfordert, das in den auf die konventionelle VerbrennerAntriebstechnologie fokussierten Zulieferunternehmen so nicht vorhanden ist. Besonders gefährdet seien insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen, die derzeit rund 20 Prozent des Zuliefermarktes ausmachen würden. Alarmierend ist die Feststellung der Studie, dass entsprechende Batterieaktivitäten nicht nur nicht in denselben Unternehmen, sondern auch in anderen Regionen stattfinden würden. Dies bedeute, dass wir derzeit kurzfristig weder personell noch fachlich innerhalb der Automobilindustrie in der Lage sind, entsprechende Batterie-Entsorgungs-Kapazitäten zu schaffen. Solche Nachrichten sollten in den Ohren der Verantwortlichen in Industrie und Politik nachhallen und bei der Gestaltung struktureller Rahmenbedingungen dringend Beachtung finden. Noch behaupten deutsche Hersteller wie Daimler, BMW und VW neben Tesla auch in der Elektromobilität ihre Stellung als globale Innovationstreiber, wenn es um Fragen der Produktgestaltung geht. Aber das Beispiel der Kernenergie zeigt, dass der langfristige und nachhaltige Erfolg nur denjenigen beschieden sein wird, die ihre Innovationskraft über die gesamte Wertschöpfungskette unter Beweis stellen können. Und dazu gehört bei der E-Mobilität zwingend auch die Entsorgung von Alt-Batterien.

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