OEM & Lieferant Ausgabe 1/2022

10 Die Industriegeschichte ist voll von nicht zu Ende gedachter, zunächst als innovativ und fortschrittlich gefeierter Entwicklungen, Prozesse und Produkte, deren Erfolg letztlich an der Frage einer ungeklärten Entsorgungsproblematik scheiterte. Folgende Beispiele vermögen dies zu verdeutlichen: Sah man Mitte der 1980er Jahre die PETFlasche noch als die umweltfreundliche und leichte Alternative zur Glasflasche an, hat sich diese Sicht zwischenzeitlich deutlich verändert. Zwar werden PET-Flaschen insbesondere in Ländern mit Mehrwegpfandsystemen fast zu 100 Prozent recycelt. Aber in Ländern der Dritten Welt, in denen die Restmüllentsorgung leichter Stoffe häufig über Flüsse erfolgt, werden abertausend Tonnen von PET-Flaschen als Plastikmüll in die Ozeane geschwemmt und zerstören oder gefährden Strände sowie Wasserqualität und Fischbestände. Wohl prominentestes Beispiel nicht zu Ende gedachter Industrie- bzw. Energieprozesse ist die friedliche Nutzung der Kernenergie. Zwar blieb ihr zumindest in Deutschland der finale Erfolg unter dem Eindruck der Fukushima – Nuklearkatastrophe 2011 wegen des augenscheinlich nicht beherrschbaren Prozess-Risikopotentials versagt. Aber die politische Diskussion über den Ausbau der Kernenergie war über Jahre beherrscht von der niemals zufriedenstellend beantworteten Frage „Wohin mit dem Atommüll?“. Die Problematik der Entsorgung nicht mehr im Elektro-Fahrzeug verwendbarer Antriebsbatterien ist als Massen- oder Mengenphänomen angesichts der Neuartigkeit dieser Antriebstechnologie noch nicht bedrohlich aktuell. Aber die Frage wird sich mit unabwendbarer Sicherheit in absehbarer Zukunft stellen. Auch wenn Wohin damit – droht uns ein Entsorgungsproblem bei alten E-Auto-Batterien? Von Armin Gehl, Geschäftsführer autoregion e.V., Saarbrücken Während die Förderung von Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen immer mehr in den Schatten verkehrspolitischer Aktivitäten im Transformationsprozess von fossilen Antriebsarten hin zu klimaschonenden bzw. CO2neutralen Alternativen zu geraten droht, scheint der Siegeszug des batterie-elektrischen Antriebs ungebrochen. Entgegen dem allgemeinen Trend stiegen in Deutschland die Neuzulassungen von Elektroautos in 2021 um 83 Prozent gegenüber dem Vorjahr – und das trotz Lieferengpässen bei Elektronikbauteilen und sich daraus ergebenden Produktionsverzögerungen. Die durchaus berechtigte Euphorie über diesen Anstieg wird jedoch getrübt, wenn man das Augenmerk auf die nach wie vor nicht befriedigend gelöste Problematik der Entsorgung nicht mehr brauchbarer Batterieeinheiten lenkt. Drohen uns Berge alter, nicht mehr verwendbarer Batterien? Bild: © autoregion e.V. wir derzeit „nur“ über rund eine Million neu zugelassener Elektro- bzw. Hybridfahrzeuge pro Jahr in Deutschland sprechen, muss man bedenken, dass die Menge von Fahrzeugen mit Batterieeinheiten sich exponentiell vermehren wird. Als Indiz mag dafür dienen, dass sich weltweit der Bestand an Elektrofahrzeugen seit 2012 verfünfzigfacht hat. Vor diesem Hintergrund drängt sich der Eindruck auf, dass weder die Hersteller noch die Industrie oder die Politik mit entsprechenden – auch großindustriellen – Lösungskonzepten auf diese Entwicklung vorbereitet sind. Armin Gehl, Geschäftsführer autoregion e.V., Saarbrücken

RkJQdWJsaXNoZXIy MjUzMzQ=