OEM&Lieferant Ausgabe 1/2020

12 Innovationen Thomas entwickelt innovative Motorpumpeneinheit Von Thomas Magnete Bei hohen Geschwindigkeiten, imGelände und auf holprigen Fahrbahnen stoßen viele Fahrwerke an ihre Grenzen – im wahrsten Sinn desWortes. Was wäre, wenn Fahrzeugfeder und Stoßdämpfer schon früher und effektiver als heute auf Unebenheiten reagieren? Und was bedeutet das für autonome Fahrsysteme der Zukunft? Diesen Fragen stellt sich Mario Kuhl, Entwicklungsleiter Technologie bei Thomas. Mit seinem Team entwickelte er eine Motorpumpen- einheit mit enormem Potenzial ... Bilder: © Thomas Magnete System und Funktionalität Fahrzeugfeder und Stoßdämpfer leisten im Fahrwerk eines Autos wichtige Teamarbeit. Sie verbinden Radaufhängung und Karosse- rie, gleichen Fahrbahnunebenheiten und Bo- denwellen aus. Die Motorpumpeneinheit von Thomas, kurz MPE, setzt direkt am Stoß- bzw. Schwingungsdämpfer an. „Die MPE sorgt da- für, dass Öl in den Dämpfer umgepumpt wird. Sie saugt das Öl an einer Stelle an und pumpt es an anderer Stelle wieder hinein – bewegt das Öl von oben nach unten oder umgekehrt“, erklärt Mario Kuhl. „Die Schwingungen der Fahrzeugfeder können so deutlich effekti- ver gedämpft werden als dies ein klassischer Stoßdämpfer ohne MPE vermag.“ Agieren statt Reagieren Ein übergeordnetes Steuergerät sendet Sig- nale an die MPE, die diese dann aktiv umsetzt. Sensible Sensoren nehmen fahrbahnbezogene Daten auf und leiten sie über einen intelligen- ten Aktuator weiter, der seinerseits die zu er- wartende Ein- und Ausfederung steuert. Entscheidend ist das optimale Zusammen- spiel der einzelnen Komponenten: „Die MPE besteht aus einem BLDC-Motor, sprich einem bürstenlosen Gleichstrommotor, einer Öl- pumpe und der Leistungselektronik mit Mo- toransteuerung“, erläutert Mario Kuhl. „Wir bewegen uns hier in Druckbereichen über 60 Bar – eine Herausforderung, wenn es um die Abstimmung der Schnittstellen innerhalb des Gesamtsystems geht.“ Holprig war gestern Ein Fahrgefühl, das zum Ziel hat, Karosserie samt Fahrer und Beifahrer von Fahrbahnver- lauf und -beschaffenheit beinahe vollstän- dig zu lösen. Nicht nur bei Bodenwellen oder Schlaglöchern, sondern ebenso zuverlässig in Kurven und bei Richtungswechseln. Die MPE eliminiert Hub-, Nick- und Wankbewegungen im Bereich bis zu 10 Hertz – eine Leistung, die vor allemBeifahrernmit sensiblemMagen und Kreislauf zugutekommt. „Viele Menschen lei- den unter Motion Sickness – der Reisekrank- heit. Insbesondere, wenn sie sich während der Fahrt einem Buch oder ihrem Handy widmen“, weiß Mario Kuhl. „Insofern liefert die neue MPE mehr als reinen Komfortgewinn für den Fahrer, sondern nimmt sich ebenso dem Leid der Beifahrer an, die die Ausgleichbewegun- gen des Fahrzeugs viel heftiger spüren.“ Entscheidende Potenziale Hauptsache vier Räder. Ob Verbrennungs- motor oder Elektro-Auto – der Einsatz des neuen Systems ist unabhängig vom Antrieb und erfolgversprechend in vielen weiteren Bereichen wie in dynamischen Fahrwerken, in Liftsystemen für den Niveau-Ausgleich sowie bei elektrischen Ölpumpen in automatisierten Getrieben. Das integrierte Zusammenspiel von Elektronik, Hard- und Software zeigt Thomas‘ Entwick- lungskompetenz für integrierte und smarte Systemlösungen, die die Thomas-Funktiona- litäten „Sense. Think. Act.“ vereinen und so einen wirklichen Mehrwert schaffen. Autonomes Fahren „Als Systemlieferant mit interdisziplinär agie- renden Entwicklungsteams könnten wir auch die elektronische Ansteuerung der MPE in- house realisieren und liefern“, so Martin Schmidt, Leiter Produktmanagement und New Business im Bereich Pkw. „Beim Blick in die Zukunft der MPE spielt auch autonomes Fahren eine tragende Rolle, denn gerade hier ist innovative Fahrwerkstechnik gefragter denn je. Ziel muss es sein, die Insassen vom Fahrgeschehen zu entkoppeln – ihnen das Ge- fühl eines schwebenden Wohn- oder Arbeits- zimmers zu geben. Bei der Entwicklung einer solchen Technologie sind wir auf einem guten und aussichtsreichen Weg.“ T E I L E N Thomas Magnete www.thomas-magnete.com Webseite Mario Kuhl (links) und Martin Schmidt