OEM&Lieferant Ausgabe 1/2019

42 Connected Car Connected Car: Entkoppelung der Zyklen für Fahrzeug- und Software-Entwicklung Von Simon Fleischer, Teamleiter Software Engineering, ConSol, München Die Entwicklung rund um Connected Car schreitet dynamisch fort und die verfügbaren digitalen Services und deren Vielfalt nehmen kontinuierlich zu. Allerdings gibt es dabei auch mehrere – teilweise noch nicht ausreichend berücksichtigte – Herausforderungen. Der IT-Dienstleister ConSol mit langjähriger Projekterfahrung in der Auto- mobilbranche sieht vor allem in der Entkoppelung der Zyklen für Fahrzeug- und Software-Entwicklung erhöhten Handlungsbedarf. Connected Car ist bereits gelebte Reali- tät, aber die durchgängige digitale Ver- netzung steht teilweise noch am Anfang. Autos können sich in naher Zukunft gegen- seitig vor Gefahrenstellen warnen, aktiv an der Stauvermeidung mitwirken und neue digitale Services wie erweiterte Enter- tainment-Funktionen bereitstellen. Auto- mobilhersteller werden künftig ein breites Spektrum an Services und Applikationen von Assistenz- und Entertainment-Systemen bis hin zur Fernsteuerung von Fahrzeugfunktio- nen anbieten. Dies hat nach Einschätzung von ConSol eine unmittelbare und gravierende Auswirkung auf die Themen Fahrzeug- und Software-Entwicklung. Eine aktuelle Herausforderung stellt vor allem die Entkoppelung der Zyklen für softwaresei- tige Entertainment- und Digital-Funktionali- täten von den Fahrzeugentwicklungszyklen dar. Smartphones etwa sind bereits nach zwei Jahren veraltet, Autos werden aber durch- schnittlich circa zehn Jahre gefahren, das heißt, die heute übliche Praxis, im Fahrzeug einmalig Entertainment- und Digital-Funk- tionen bereitzustellen, führt schnell zu unerfüllten Kundenerwartungen durch ver- gleichsweise veraltete Services. Ein Lösungs- ansatz ist dabei die Modularisierung, also die Entwicklung einfach und kostengünstig austauschbarer Entertainment-Systeme. Al- lerdings ist dieser Weg künftig eher unwahr- scheinlich, da Display-Systeme gleichzeitig Entertainment- und Fahrzeug-Funktionen unterstützen. Eine andere Möglichkeit bie- tet die Auslagerung von Funktionen, Funk- schnittstellen und der Rechenkapazität auf externe Geräte wie Smartphones, wie es zum Beispiel bei Apple CarPlay und Android Auto geschieht. Dies bringt jedoch nicht nur Vor- teile mit sich. So ist eine tiefe Integration in die Fahrzeugelektronik nicht oder nur einge- schränkt möglich, was zu Komforteinbußen führt. Zudem muss ein weiteres Gerät an- geschafft, gewartet und auch im Fahrzeug befestigt werden. Da die Hardware nur mit sehr hohem Auf- wand und damit hohen Kosten für den Kun- den ausgetauscht werden kann, muss darauf geachtet werden, dass sie einerseits mög- lichst universal einsetzbar ist. Schließlich werden sich die Anforderungen der Software an die Hardware ändern und beispielsweise auch alternative Bedienkonzepte – zum Bei- spiel Sprache und Gesten – noch mehr zum Einsatz kommen. Andererseits steigen die Erwartungen der Kunden hinsichtlich Ak- tualisierungen der Software. Ist man von seinem Smartphone gewohnt, regelmäßig Sicherheits-Updates und auch Features vom Hersteller noch lange nach dem Kauf auto- matisch geliefert zu bekommen, wird man dies künftig ebenso vom Fahrzeughersteller erwarten. Das Paradigma, dass ein Auto einen gewissen Lieferumfang von Features hat, welcher sich über den Lebenszyklus des Fahrzeugs nicht ändert, kann aus Sicht von ConSol mindes- tens in Bezug auf Entertainment-Funktio- nalität nicht mehr aufrechterhalten werden. Es wird Updates geben, die nicht nur Fehler beheben, sondern auch eine vorher nicht vor- handene Funktionalität mitbringen. Der Pro- blematik der dann eventuell erforderlichen Leistungssteigerung muss proaktiv durch Verbauung von Elektronik mit Leistungsre- serven und durch besonders effizient auf die Bordelektronik abgestimmte Programmie- rung begegnet werden. Hier sind Hersteller mit hoher Fertigungstiefe, also Hersteller, die keine fertigen Onboard-Units einbauen, son- dern selbst den gesamten Software-Lifecycle steuern, im Vorteil. ConSol Consulting & Solutions Software GmbH www.consol.de Webseite Lutz Keller Bereichsleiter Operations bei ConSol in München Digitale BusinessCard Bild: © Jakub Jirsák/Adobe Stock Bild: © ConSol

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