OEM&Lieferant Ausgabe 1/2019

28 IT und Automotive Setzt auf Standards! Ein Appell. Von Eckhard Höhmann, Solution Architect, All for One Steeb Standards sind in der Automobilindustrie allgegenwärtig. Ganz besonders an den Berührungspunkten von Prozessen, die über die Unternehmensgrenze des Zulieferers hinausgehen. Zulieferer kennen die Standards der OEMs zur Genüge. Nicht nur, dass die gemeinsamen Regeln, die in Regelwerken oder Normen festgelegt sind auch befolgt werden müssen, auch die Einhaltung ist in Form von entsprechenden Audits zu bestätigen. Diese Standards dienen letztlich immer einem höheren Zweck. Gerade in der Automobil- industrie bedeutet Standards einzuhalten das Erhalten von Leben (wie z. B. bei standardi- sierten Crashtests) oder ein nachhaltiger Um- gang mit unserer Umwelt. Gemeinsam gestalten Hochinteressant aus Sicht eines Beratungs- und Softwareunternehmens ist es, zu pra- xisgerechten Standards zu kommen, die dann von Kunden aus der Branche angenommen werden. Oft hilft jahrelange Branchenexper- tise ein gutes Stück weiter. Für richtig gute und wegweisende Themen jedoch sind wir alle gefragt. Gerade die Arbeit in entspre- chenden Gremien der Branchenverbände ist eine hervorragende Plattform für pari- tätisches Geben und Nehmen. Tauschen Sie sich aus, lernen Sie Neues und gestalten Sie mit! Individualprogrammierungen nur dort, wo es warm und hell ist Natürlich gilt: Individualprogrammierungen sind unter bestimmten Bedingungen einfach unumgänglich. Ein gutes Beispiel ist hier die Abwicklung hochkomplexer Fertigungs- und Logistikprozesse im JIT/JIS-Umfeld. Hier steht eine unglaublich hohe Anzahl von möglichen Prozesseigenheiten der Softwareausprägung gegenüber und der Aufwand der entsprechen- den Programmierungen ist gerechtfertigt, da es sich für den Zulieferer um einen wertschöp- fenden Kernprozess handelt. Grundsätzlich gilt für eine gut aufgestellte IT: Je enger ein IT-System entweder in die wert- schöpfenden Kernprozesse und/oder in die Prozesse des eigenen geistigen Eigentums (sog. „own IP“) eingebunden ist, umso mehr erfolgen Anpassungen in Form von Program- mierungen. Im Umkehrschluss sind Individual- programmierungen umso kritischer unter die Lupe zu nehmen, je weiter sie sich vom Nuk- leus der „own IP“ entfernen. Vereinfacht kann man sich diesen Prozess analog unseres Sonnensystems vorstellen: In der Mitte befinden sich die Sonne und die inneren Planeten – hier ist die größte Energie und das Leben. Nach außen wird es kalt und dunkel. Wenn wir hier – z. B. bei den Unterstützungs- prozessen – auf große Individualprogramme stoßen, liegt oft etwas im Argen. Denn man kommt mit Individualprogrammen zwar schnell zur gewünschten Funktion, aber der Betriebsaufwand rechtfertigt diese Ge- schwindigkeit meist nicht. Wartung und Funktionserweiterungen sind erheblich komplizierter und sind oft vom Entwickler abhängig. Wie kommt es also zu diesem un- erwünschten Phänomen? Daran erkennen Sie das Unglück der „Sonderlocke“ Hier treffen leider häufig Inflexibilität auf der anfordernden Seite und stumpfes Um- setzen auf der leistenden Seite hart aufei- nander. Dass das Unglück in diesem Projekt seinen Lauf nimmt, erkennt man an Aussa- gen wie: ›  Der Anwender soll/wird (!) sich nicht um- gewöhnen. › Wenn der Kunde das will, programmiere ich das halt. ›  Klar, können wir machen, kostet halt extra. Und natürlich der All-time-Nummer-1-Hit: DAS WAR SCHON IMMER SO! Der Unwille, als Dienstleister zu führen und als Fordernder auch einmal geführt zu wer- den, scheint auf beiden Seiten enorm. Und seitens des Dienstleisters gibt es einfach zu wenig Führung. Software- und Beratungshäuser sind in der Verantwortung Es liegt an uns Software- und Beratungs- häusern, vernünftig zu erklären, warum man eine Individualanforderung nicht umsetzen sollte, sondern im Standardrepertoire entwe- der etwas viel Besseres hat oder vor großen Entwicklungen die Anwender den Standard ausprobieren lässt. Diesen Weg einzuschla- gen, ist unbequemer als einfaches Umsetzen Bild: © All for One Steeb AG Eckhard Höhmann

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