OEM&Lieferant Ausgabe 1/2018

9 Die Automobilindustrie durchläuft aktu- ell einen fundamentalen Veränderungs- prozess. Die Digitalisierung wird nicht nur das Autofahren, sondern auch die Industrie einschließlich der Zulieferer tiefgreifend verändern. Wie stellt sich die Großregion dieser Herausforderung? Armin Gehl: Die uns bekannten Unternehmen haben schon seit geraumer Zeit die Heraus- forderung angenommen und ergänzen ihr Angebot im Hinblick auf neue Technologien und Anforderungen der OEM und somit des Marktes. Die Politik hinkt aber noch gewaltig hinterher und geht nur mit Forderungen, die populis- tisch sind, an den Markt! Bisher war die Großregion geprägt durch die Ansiedlung von Produktions- unternehmen. Die Digitalisierung ver- langt nach anderen Kompetenzen. Sind diese in der Großregion strukturell vor- handen? Armin Gehl: Leider nein. In der Großregion sind größtenteils nur „verlängerte Werkbänke“ von Tier1 oder Tier2 zu finden! Somit werden die Entscheidungen, wie sich ein Unternehmen für die Zukunft aufstellt, nicht vor Ort, son- dern in den Konzernzentralen getroffen. Aspekte wie E-Mobilität oder Autonomes Fahren verlangen nach engen Kooperati- onen zwischen Industrie und Forschungs- einrichtungen. Welche Rolle spielen da- bei die Universitäten und Hochschulen der Großregion? Armin Gehl: Die Universitäten und Hochschu- len der Großregion spielen in diesem Zusam- menhang eine untergeordnete Rolle. Leider! Die vorhandenen Kapazitäten auf diesem Ge- biet sind vorhanden, finden aber kaum eine Vermarktung! Auch finden keine Querstruk- turen zwischen den einzelnen Hochschulen statt, jeder arbeitet für sich, aber nur in der Gemeinsamkeit kann man den großen For- schungseinrichtungen Paroli bieten und wird auch wahrgenommen. Denkt man an Städte wie Luxemburg, Saarbrücken oder Nancy assoziiert man damit angenehme Lebensart, aber nicht unbedingt High-Tech und digitalen Aufbruch. Werden die im Verborgenen wirkenden Hidden Champions gar nicht wahrgenommen? Armin Gehl: Wie schon gesagt, es fehlt an direktem Marketing und an einer guten Prä- sentation der vorhandenen Möglichkeiten auf diesem Gebiet. Es gibt ein paar sehr gute Insti- tute, die es verdient hätten, bekannter zu sein. In welchen Bereichen gibt es Schwer- punkte zukunftsorientierter Forschung in der Großregion und sind sie im internati- onalen Maßstab auch wettbewerbsfähig? Armin Gehl: Ich denke direkt an das DFKI – In- stitut für künstliche Intelligenz – dieses ist Mi- tentwickler auf dem Gebiet des „autonomen Fahrens“ oder an das CISPA – Cybersicherheit- zwei Institute, die weltweit einen sehr guten Ruf genießen und auch gefragt sind. Gibt es genügend staatliche Unterstüt- zung seitens der EU bzw. der Regierungen in Luxemburg, Frankreich und Deutsch- land sowie der Landesregierungen von Rheinland-Pfalz und dem Saarland, die diesen Prozess des industriellen Wandels fördern und mitgestalten? Armin Gehl: Luxemburg und Frankreich sind sehr aktiv, was die Unterstützung von Unter- nehmen angeht. In Deutschland vermissen wir diese aktive Phase. Was die Bundesländer betrifft, so ist Rhein- land-Pfalz in guten Dialogen mit den Unter- nehmen und betreibt auch Unterstützung, das Saarland hingegen ist zwar bekannt für das Land der kurzen Wege, aber „ohne Moos nix los“, ums salopp zu sagen. Im Grunde sind die Unternhemen auf sich selbst angewiesen. Welche Rolle spielt das Automobil-Clus- ter in diesem industriellen Veränderungs- prozess? Armin Gehl: Da wir grenzüberschreitend aktiv sind und auch ein aktives Businessmatching zwischen den Unternehmen betreiben, fördern wir den Fortbestand des vorhandenen Knows der Unternehmen. Auch B2B Kontakte werden von uns eingestielt, um auch das Wissen und die Kapazitäten zu bündeln. Auch ist es eine unserer Aufgaben, das Thema Forschung und Entwicklung in die Unternehmen zu tragen und somit das Inseldasein zu beenden. n Zukunft in der Großregion gestalten Gegründet im Februar 2015 versteht sich der grenzüberschreitend arbeitende Verein autoregion e.V. als ein eigenständig arbeitendes, komplementär ergänzendes Organ zu den bestehenden Automotivnetzwerken der Großregion Luxemburg, Saarland, Rheinland-Pfalz und der französischen Region Grand Est. autoregion e.V. wird getragen von Unternehmen, Ver- bänden, Forschungseinrichtungen und politischen Institutionen. OEM&Lieferant sprach mit Armin Gehl, Geschäftsführer der autoregion e.V. zur Frage, inwieweit die Großregion für die technologischen Herausforderungen innerhalb der Auto- mobil- und Zulieferindustrie gerüstet ist. autoregion e.V. Bild: © autoregion e.V. autoregion e.V. www.autoregion.eu Webseiten Termine www.autoregion.eu/de/termine Ansprechpartner www.autoregion.eu/de/ ansprechpartner Armin Gehl

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