OEM&Lieferant Ausgabe 1/2018

3 Es ist das für die Automobilindustrie wichtigste Dossier der lau- fenden europäischen Legislaturperiode: die CO2-Regulierung für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge für die Zeit nach 2021. An- fang November 2017 hat die Europäische Kommission ihre Pläne dazu im Rahmen ihres zweiten Mobilitätspakets veröffentlicht. Demnach müssen die Hersteller die CO2-Emissionen ihrer Neu- wagenflotten bis zum Jahr 2030 um 30 Prozent verringern. Bis 2025 soll ein verbindliches Zwischenziel mit einer Reduktions- vorgabe von 15 Prozent gelten. Bei leichten Nutzfahrzeugen soll der CO2-Ausstoß ebenfalls um 15 Prozent (2025) bzw. 30 Prozent (2030) sinken. Diese Messlatten sind hoch gelegt – vielleicht zu hoch. Denn erstens stoßen die Möglichkeiten, sparsame Diesel und Ben- ziner weiter zu optimieren, absehbar an die Grenzen des tech- nisch und wirtschaftlich Machbaren. Zweitens werden immer weniger CO2-sparende Dieselmodelle verkauft und drittens herrscht noch Unsicherheit bei der Elektromobilität. Wie alter- native Antriebe in den kommenden Jahren von den Kunden an- genommen werden und wie schnell die öffentliche Infrastruktur aufgebaut wird, ist derzeit noch unklar. Deswegen ist es aus heutiger Sicht fraglich, ob die vorgeschlagenen CO2-Zielwerte zu erreichen sind. Effektive Klimapolitik muss Kosteneffizienz und Wirtschaftlich- keit gewährleisten, um im internationalen Wettbewerb beste- hen zu können. Dass Europa ambitionierte Klimaziele verfolgt, ist richtig, aber unser Kontinent darf sich nicht zu weit von anderen Regionen der Welt entfernen. Während China seine CO2-Emissionen über alle Sektoren hinweg seit 1990 um 331 Prozent erhöht hat, konnte die EU ihre Gesamtemissionen um fast 21 Prozent reduzieren. Die europäische Automobilindustrie wird im internationalen Wettbewerb stärker belastet als ihre Wettbewerber. So ist das von der EU gesetzte CO2-Ziel für Pkw mit 95 Gramm pro Kilometer im Jahr 2020/2021 das schärfste weltweit. Schon heute verbrauchen neu zugelassene Pkw deut- scher Konzernmarken rund ein Viertel weniger Kraftstoff als noch im Jahr 2007. Vor allem das verbindliche Zwischenziel für 2025 überspannt den Bogen. Denn von 2021 bis 2025 sind es gerade einmal vier Jahre. Da die Pkw-Produktzyklen bei fünf bis sieben Jahren liegen, sind solche Vorgaben schwer umsetzbar. Bei Nutzfahr- zeugen sind die Entwicklungs- und Produktzyklen mit bis zu zehn Jahren noch länger. Zudem unterscheidet sich der Markt für Transporter vom Pkw-Geschäft, weil er aus sich heraus auf CO2-Effizienz getrimmt ist. Denn ein niedriger Kraftstoffver- brauch ist seit jeher entscheidendes Kaufargument. Dem sollte die Regulierung Rechnung tragen. Um ihre starke Wettbewerbsposition auch künftig halten zu können, ist die Industrie auf einen politischen Rahmen ange- wiesen, der die Entwicklung von Innovationen konstruktiv und technologieoffen begleitet. Deswegen ist es richtig, dass die Kommission keine feste Verkaufsquote für E-Fahrzeuge vorgibt und stattdessen auf eine flexible Lösung mit Verrechnungs- möglichkeiten für emissionsarme Fahrzeuge setzt. Allerdings sollte das Anreizsystem so ausgestaltet sein, dass nicht nur reine Batteriefahrzeuge, sondern auch Plug-in-Modelle einen nennenswerten Bonus erhalten. Denn sie fahren im Schnitt genauso viel elektrisch wie reine Elektrofahrzeuge und können damit genauso viel CO2 sparen. Insgesamt reichen die Vorschläge der Kommission zur Förde- rung von Innovationen noch nicht weit genug. Gerade auch bei der Elektromobilität wären stärkere Impulse wünschenswert. Um ähnlich große Fortschritte bei der CO2-Reduktion wie bis- her zu erzielen, muss der Markt für E-Fahrzeuge Fahrt aufneh- men. Die Elektromobilität ist eine Gemeinschaftsaufgabe, bei der die Politik Verantwortung für den Aufbau der Ladeinfra- struktur übernehmen muss und die EU-Mitgliedstaaten diese Technologie mit einer nachfrageorientierten Politik unterstüt- zen sollten. Dazu gehört auch ein verstärktes Engagement im öffentlichen Beschaffungswesen. Nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Industrie und Politik ist ein relevanter Elektrofahrzeuganteil von 15 bis 25 Prozent in Europa bis 2025 zu erreichen. Von VDA-Geschäftsführer Dr. Joachim Damasky CO2-Regulierung post 2021: Wirksamer Klimaschutz erfordert technologieoffene Impulse für Innovationen VDA www.vda.de

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