autoregion international - Edition 1/2020

48 Erfolgreiche Digitalisierungsprojekte haben eine Gemeinsamkeit Interview mit Dr. Stefan Leinenbach und Dr. Philipp Walter, INFOSERVE Saarbrücken Seit über 20 Jahren bedient die INFOSERVE GmbH die Automotive-Branche mit IT-Dienstleistungen. Wir sprachen mit Dr. Stefan Leinenbach, Geschäftsführer und Dr. Philipp Walter, Prokurist und Leiter IT, über Vergangenheit und Zukunft, und was aus ihrer Sicht erfolgreichen Digitalisierungsprojekten gemein ist. Über 20 Jahre sind in der IT eine Ewigkeit. Wie haben sich die Anforderungen in der Automotive-Branche gewandelt? Stefan Leinenbach: Anfang des Jahr- tausends war z. B. das Internet noch das beherrschende Thema: Vernetzung, ver- teilte Client-/Server-Anwendungen, Web- seiten, Verfügbarkeit, Vertraulichkeit. Das ist heute Standard, selbst unter den in- zwischen viel schärferen Sicherheits- und Datenschutzanforderungen. In den letzten Jahren stehen vor allem Industrie 4.0, Digi- talisierung, IoT und neuerdings auch Künst- liche Intelligenz im Fokus. Mit isolierten Anwendungen wie Predictive Maintenance lassen sich von Anfang an hohe Einspar- potenziale realisieren und gleichzeitig die Grundlage für eine weitergehende Digitalisierung schaffen, die dann Trans- parenz und Flexibilität in der Produktion insgesamt steigern. Angesichts der aktu- ellenUmwälzungen undUngewissheiten im Automobilbereich ein wichtiger Baustein, um sich schnell neuen Anforderungen an- passen zu können. Philipp Walter: Im Gegensatz zu früher muss man heute nicht mehr alles selbst entwickeln, sondern kann auf viele be- währte Hard- und Softwarebausteine aufsetzen. Was aber immer ein Thema bleiben wird, ist Investitionssicherheit: je nachdem, wie ich eine IT-Lösung auf- baue, hält sie mehr oder weniger lang. Wir sehen heute viele alte Produktions-IT-Si- los, in denen Unternehmen gefangen sind und die sie mit wachsendem Aufwand am Leben erhalten müssen, trotz nicht mehr unterstützter Windows-Versionen, alter Schnittstellen, selbstgebastelter Daten- banken mit Performanceproblemen, etc. Diese gordischen IT-Knoten einzubinden, ist tatsächlich oft die größere Heraus- forderung als ein KI-Verfahren zu ent- wickeln. Wird man in Zukunft nicht fertige IoT- und KI-Lösungen kaufen können, so wie man heute Office-Software kauft? Stefan Leinenbach: Das Ökosystem be- wegt sich auf allen Ebenen, das stimmt. Man kann heute zwischen Dutzenden Herstellern, Technologien und Archi- tekturansätzen wählen und es kommen täglich neue hinzu. Es ist inzwischen auch schemenhaft ein Konsens erkennbar, wie solche Lösungen technisch strukturiert sein sollten, und die Enden einer solchen Verarbeitungskette sind ja nach wie vor fest: die Automatisierungs-, MES- und ERP-Systeme einerseits, die Werker und Entscheider andererseits. Allerdings werden heute viele herstellerspezifische Inseln und Cloud-Lösungen angeboten, wo Unternehmen eigentlich Interoperabilität und eigene Datenhoheit benötigen. Philipp Walter: Außerdem müssen sol- che Lösungen genauso individuell wie die jeweilige Fertigung sein. Man kann das nicht von oben nach unten angehen, indem man erst eine Plattform anschafft und dann schaut, welche Probleme sie lösen kann. Es wäre natürlich schön, wenn die Software automatisch den Use Case er- kennen könnte, aber das ist noch einige Jahrzehnte hin. (lacht) Nein, man würde ja S H A R E Foto: © RAM/stock.adobe.com

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